Ab Januar 2018 wird das Schutzniveau bei Finanz- und Anlageentscheidungen deutlich erhöht. Ein Kernpunkt der Neuregelungen ist die Aufzeichnung der telefonischen und elektronischen Kundenkommunikation mit der Bank. Was auf Institute und Anleger zukommt.
Alexander Pfisterer-Junkert
Ob Wertpapiere, Altersvorsorge oder Baufinanzierung: Immer mehr Finanzgeschäfte werden weitgehend per Telefon und Internet abgewickelt. Für eine persönliche Finanzberatung vor Ort haben Kunden immer weniger Zeit. Gerade Führungskräfte sind beruflich stark eingebunden und häufig unterwegs. Sie klären bevorzugt telefonisch wichtige Fragen und treffen weitreichende Finanz- und Anlageentscheidungen direkt am Telefon.
Absprachen per Telefon sind dabei ebenso praktisch wie fehleranfällig. Leicht kann es zu Missverständnissen oder Übermittlungsproblemen kommen, von Zahlendrehern bis hin zu Beratungsfehlern. Bislang bestand für telefonische Beratungsgespräche lediglich eine schriftliche Aufzeichnungspflicht. Kunden erhielten im Nachgang mehrseitige Protokolle –mitsamt Rücktrittsrecht, wenn der Auftrag schon vor der Zusendung ausgeführt wurde. Diese Lösung ist weder zeitgemäß, noch bietet sie einen wirksamen Anlegerschutz. Denn schnell schleichen sich in mehrseitigen Gesprächsprotokollen ungewollt Fehler ein.
/// Aufzeichnung von Telefonaten und Co.
Mit Umsetzung der europäischen Finanzmarktrichtlinie MiFID II genießen Kunden ab Anfang 2018 mehr Schutz bei Finanz- und Anlageentscheidungen. Der Gesetzgeber schreibt vor, dass Institute ihre Dokumentationen den technischen Möglichkeiten anpassen. Sie müssen Telefonate (Handy und Festnetz) und elektronische Kommunikation (u.a. E-Mail, Messanger oder Video-Chat) aufzeichnen, die mit einem Kundenauftrag in Verbindung stehen könnten. Dies gilt insbesondere für die Gesprächsabschnitte, in denen die Risiken, die Ertragschancen oder die Ausgestaltung von Finanzinstrumenten oder Wertpapierdienstleistungen erörtert werden. Dabei ist unerheblich, ob es tatsächlich zu einem Geschäftsabschluss kommt.
Die aufgezeichneten Gespräche sind für mindestens fünf Jahre zu speichern. Dies dient der Beweissicherung, ob eine fachgerechte Aufklärung und Beratung erfolgt ist. So gewinnen Kunden ein deutliches Plus an Sicherheit.
Im Zuge von MiFID II steht die gesamte Finanzbranche vor einem weiteren gewaltigen Umbruch (siehe Infokasten „Die wichtigsten Neuerungen“). Die verschärften Vorgaben gelten in vollem Umfang für alle Banken und Finanzdienstleistungsinstitute. Aber die Neuregelungen wirken sich auch auf alle selbstständigen Vermittler und Makler aus. Mit den neuen Aufzeichnungspflichten werden die Kundenansprüche an eine transparente Finanzberatung insgesamt steigen. Ungeachtet von den gesetzlichen Vorgaben werden auch selbstständige Vermittler und Makler ihre Dokumentation überdenken müssen, da ein Gleichlauf zu erwarten ist. Mittelfristig werden Telefonmitschnitte für die gesamte Finanzbranche zur Normalität.
Angesichts des engen Zeitkorridors für die Umsetzung stehen insbesondere Banken vor großen Herausforderungen. Sie sollten die neuen Vorgaben zügig umsetzen und ihre Prozesse entsprechend anpassen. Neben der Auswahl und Implementierung von Telefonmitschnitt-Lösungen und der eingehenden Schulung von Mitarbeitern sind auch erhebliche rechtliche Anforderungen zu beachten.
/// Datenschutz im Blick
Während MiFID II eine weitreichende Aufzeichnung von Beratungsgesprächen vorschreibt, waren Mitschnitte nach der bisher gültigen Rechtslage – u.a. vor dem Hintergrund des Datenschutzes – ohne ausdrückliche Einwilligung überwiegend unzulässig. Das Gesetz sieht hiervon nunmehr eine Ausnahme vor, jedenfalls solange sich die Institute im Rahmen der rechtlichen Vorgaben bewegen. Bei nicht ordnungsgemäßen Mitschnitten können rechtliche Konsequenzen drohen.
Von Vorteil sind Mitschnitt-Systeme, die systematische Voreinstellungen erlauben. So lassen sich etwa bestimmte Nummern von der Aufzeichnung ausschließen oder feste Zeiten definieren, in denen keine Mitschnitte erfolgen. Zudem müssen Banken Sicherheitsvorkehrungen gegen missbräuchliche Anwendungen treffen, um alle Manipulationsversuche schnell erkennen können. Kreditinstitute sollten dazu im Zweifelsfall rechtlichen Rat einholen.
Banken müssen Bestands- und Neukunden über die Aufzeichnung und Speicherung der Kundenkommunikation einmalig in geeigneter Weise informieren. Widerspricht ein Kunde der Aufzeichnung, darf ab 2018 keine Anlageberatung via Telefon oder Internet mehr erfolgen. Eine gute Informationspolitik bewahrt vor Irritationen auf Kundenseite. Deshalb sollten Banken ihre Kunden möglichst frühzeitig über die Veränderungen und damit verbundenen Vorteile unterrichten.
– AUTOR
Alexander Pfisterer-Junkert
Rechtsanwalt
– KONTAKT
BKL Fischer Kühne + Partner
Rechtsanwälte Steuerberater mbB
Rheinwerkallee 6
53227 Bonn
Telefon: 0228/94 59 45-0
Telefax: 0228/94 59 45-55
E-Mail: info@bkl-law.de
Internet: www.bkl-law.de
/// Die wichtigsten Neuerungen
Ab Anfang 2018 gelten strengere Regeln für Finanzgeschäfte. Worauf sich Anleger zukünftig verlassen können.
- Risikominimierung: Die „Geeignetheitserklärung“ geht über das bisherige Beratungsprotokoll hinaus. Darin müssen Banken und Vermittler noch genauer die Geeignetheit und Angemessenheit der Anlage prüfen und dokumentieren. Die Anlageempfehlung muss dem aktuellen Risikoprofil des Anlegers sowie seinen Markt- und Renditeerwartungen entsprechen. Die Empfehlung muss nachvollziehbar sein.
- Kostentransparenz: Banken und Vermittler müssen vorab offenlegen, ob sie auf Honorar- oder Provisionsbasis beraten. Wer mit der Bezeichnung „unabhängig“ wirbt, muss auf Vertriebsprovisionen verzichten. Bei der abhängigen Beratung müssen die Provisionen und sonstigen Zuwendungen ungefragt und transparent offengelegt werden.
- Beweissicherung: Banken müssen alle Telefonate und E-Mails, die sich auf die Annahme, Übermittlung und Ausführung von Kundenaufträgen beziehen können, aufzeichnen und mindestens fünf Jahre verschlüsselt speichern. Dazu zählen auch Aufklärungsgespräche vor der eigentlichen Anlageberatung, da sie einen Kundenauftrag zur Folge haben können.
(Quelle: BKL Fischer Kühne + Partner, www.bkl-law.de)