Vorsicht bei Finanzspritzen von Gesellschaftern

Ein höchstrichterliches Urteil verschärft die steuerlichen Rahmenbedingungen für Gesellschafterdarlehen und -bürgschaften. Gläubiger können Ausfälle vielfach nicht mehr geltend machen. Was Gesellschafter wissen sollten und welche Auswege bleiben.

Dr. Ulrich Viefers

 

Für kleine und mittelständische Unternehmen, wie es zum Beispiel auch Dentalabore sind, ist der Weg zu frischem Kapital oft steinig. Sie müssen für einen klassischen Bankkredit meist hohe Hürden überwinden. Auf der Suche nach alternativen Finanzierungsmodellen ziehen nicht wenige die Finanzkraft ihrer Gesellschafter in Betracht. Doch für derlei Kreditgeber ist diese Variante mit Risiken behaftet, insbesondere wenn die Firma in die Insolvenz gerät. Ein neueres Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) verschärft die Gefahren für Gläubiger. Kommt es zu Forderungsausfällen, versagt der Fiskus nun meist die steuerliche Anerkennung der Verluste. Unternehmen sollten Gesellschafterdarlehen und Co. jetzt dringend auf den Prüfstand stellen und bei Bedarf nachbessern. Dabei sollten Firmen auch mögliche Finanzierungsalternativen in Betracht ziehen. So können Gesellschafter drastische steuerliche Nachteile vermeiden.

GmbHs unterliegen bei Einlage und Erhalt von Eigenkapital strengen Vorgaben. Schließlich will der Gesetzgeber Kunden und Gläubiger vor Zahlungsausfällen schützen. Dabei hat er auch an Konstellationen gedacht, in denen Gesellschafter ihrer Firma in der Krise ein Darlehen gewähren oder für sie eine Bürgschaft übernehmen. Laut Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen (MoMiG) werden solche Finanzspritzen im Insolvenzfall wie Eigenkapital behandelt und daher auch „Nachrangdarlehen“ genannt. Das bedeutet: Bevor nicht die Forderungen aller anderen Gläubiger vollständig erfüllt sind, sieht der Gesellschafter sein Geld nicht wieder.

Die Rechtsprechung verschärft diesen Nachteil noch. Bislang profitierten Gesellschafter von einer steuerlichen Besonderheit. Sie konnten den Ausfall von eigenkapitalersetzenden Finanzierungshilfen immerhin noch als sogenannte „nachträgliche Anschaffungskosten“ steuermindernd geltend machen. Damit ist laut einem neueren BFH-Urteil jetzt Schluss (Az. IX R 36/15). Die Entscheidung betrifft sowohl den Ausfall von Darlehen als auch Inanspruchnahmen aus einer Gesellschafterbürgschaft sowie den Ausfall einer Bürgschaftsregressforderung – sofern diese nach dem 27. September 2017 geleistet wurden. Alle diese Fälle werden künftig in den Fokus der Betriebsprüfung geraten. Werden die Prüfer fündig, drohen Gesellschaftern saftige Steuernachzahlungen. Eine Ausnahme gewährt der Fiskus nur, wenn eine vom Teilhaber gewährte Fremdkapitalhilfe einer Einlage gleichkommt, etwa wenn vertraglich ein Rangrücktritt vereinbart wurde.

Ein weiteres BFH-Urteil eröffnet betroffenen Gesellschaftern womöglich ein Trostpflaster (Az. VIII R 13/15). Die Richter sind der Ansicht, dass der Ausfall einer Kapitalforderung für Privatleute zu negativen Einkünften laut Einkommensteuergesetz führen kann und somit zu einem steuerlich relevanten Verlust. Das Urteil betrifft alle Fälle seit Einführung der Abgeltungssteuer in 2009. Voraussetzung ist jedoch, dass weitere Rückzahlungen ausgeschlossen werden können. Dies kann etwa dann der Fall sein, wenn die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens mangels Masse abgelehnt wurde. Die bloße Insolvenzeröffnung über das Vermögen des Kreditnehmers reicht hingegen nicht aus. Bis ein Verfahren vollständig abgewickelt ist, können unter Umständen Jahre ins Land gehen. So lange können Gesellschafter ihren Ausfall steuerlich nicht geltend machen.

Zum Thema Gesellschafterdarlehen ist das letzte Wort noch nicht gesprochen. Weitere wegweisende Urteile sind zu erwarten. So etwa zur Frage, welche Wechselwirkung die genannten BFH-Urteile entfalten. Das Zusammenspiel der beiden Entscheidungen bezüglich der steuerlichen Anerkennung von Forderungsausfällen eines Gesellschafters gegen seine GmbH ist noch nicht abschließend geklärt. Neben den ohnehin schon gegebenen Risiken birgt die künftige Rechtsprechung für Gesellschafter weitere Unwägbarkeiten.

Die aktuelle Rechtslage mahnt zu besonderer Umsicht bei der Kapitalbeschaffung. Firmen sollten bestehende Gesellschafterdarlehen und -bürgschaften kritisch prüfen. Zukünftig kommen vorrangig Finanzierungsalternativen in Betracht. Dazu zählt die offene Einlage, bei der Gesellschafter in das haftende Kapital des Unternehmens einzahlen. Auch eine verdeckte Einlage kann sinnvoll sein. Dabei verzichtet der Gesellschafter auf eine zum Zeitpunkt des Verzichts noch werthaltige Forderung. Bei Liquidation der Gesellschaft oder Veräußerung von Anteilen führen beide Varianten zu nachträglichen Anschaffungskosten, die sich steuermindernd auswirken.

Eine lohnende Finanzierungsalternative stellen Darlehen von Familienangehörigen dar. Der Vorteil: Firmen können solche Kredite im Vorfeld eines Insolvenzverfahrens gefahrlos an die Gläubiger zurückzahlen. Vorsicht ist allerdings bei Geldspritzen von Ehegatten geboten. Das Finanzamt kann sie unter Umständen als eigenkapitalersetzend ansehen, wodurch die aktuelle BFH-Rechtsprechung zum Gesellschafterdarlehen greift. In jedem Fall gilt daher: Gesellschafter sollten immer mit ihrem steuerlichen Berater abklären, welches Finanzierungsmodell den speziellen Umständen am besten Rechnung trägt und Risiken weitestgehend vermeidet.

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