Man sieht nur mit dem Herzen gut

„Man sieht nur mit dem Herzen gut. Das Wesentliche ist für die Augen unsichtbar.“
(Antoine de Saint-Exupéry)

 

 

Die Entscheidung ein Mikroskop anzuschaffen war für mich an verschiedene Ziele gekoppelt. Zum einen sollte die mögliche, erreichbare handwerkliche Qualität unterstützt und voran gebracht werden, gleichzeitig wollte ich die Abläufe der Dokumentation optimieren und die Möglichkeiten für die Kommunikation mit meinen Patienten vergrößern. Der Wunsch nach einem ergonomischen Arbeiten war dabei nicht so stark ausgeprägt, da ich mir nach verschiedenen Kursen bei Herluf Skovsgaard nicht vorstellen konnte, hier noch eine deutliche Verbesserung erreichen zu können.

Thorsten Wegner

 

Vor fünf Jahren habe ich damit begonnen, mich ernsthaft mit der Anschaffung eines OP-Mikroskops auseinander zu setzen. Auf Grund der Vielzahl der Hersteller habe ich mir zunächst 4 Geräte im dentalen Fachhandel und auf Messen angesehen und anschließend zwei davon in der Praxis für jeweils eine Woche ausprobiert. Mir wurde dabei ziemlich schnell klar, dass die Lernkurve für den Einsatz des Mikroskops im Praxisalltag steil ansteigt, dann aber auch sehr schnell abflacht. Der Zugewinn an Übersicht und Kommunikation waren vom ersten Tag an spürbar. Erste Erfolge beim Erlernen des Handlings stellten sich bei Durchführung von Grunduntersuchungen mit dem Mikroskop ein. Für die Patienten ist es ein neues Erlebnis, mit einem Mikroskop untersucht zu werden – und – über neue Erlebnisse wird auch gern gesprochen. Da ich bei der Probestellung im Leica Mikroskop auch eine integrierte Kamera hatte, konnte ich die Untersuchungsergebnisse sofort dokumentieren und anschließend direkt mit dem Patienten besprechen. Diese Art von Dokumentation funktioniert im Übrigen schneller als die im Anschluss an eine Untersuchung vorgenommene Foto-Dokumentation mit einer intraoralen Kamera. Ein zusätzlicher Vorteil gegenüber einer externen, seitlich über einen Beamsplitter am Mikroskop montierten Kamera, ist das geringere Gewicht bei der Justierung über dem Patientenkopf und die, aus meiner Sicht, bessere Möglichkeit für die Praxishygiene am Arbeitsplatz. Durch die erstklassig einstellbare LED Beleuchtung wurde hier eine Möglichkeit geschaffen während der Behandlung unter idealen Lichtverhältnissen zu arbeiten und dementsprechend auch eindrucksvoll zu dokumentieren. Anfänglich habe ich damit begonnen Frontzahnfüllungen mit Unterstützung des Mikroskops zu legen, habe mich dann immer mehr in den Seitenzahnbereich hinein bewegt und immer mehr mit Spiegeln unterschiedlicher Größe gearbeitet. Bedenkt man, dass die Spitze einer neuen zahnärztlichen Sonde einen Durchmesser von ca. 50 Mikrometer hat und die Größe vieler Bakterien bei 0,5-5 Mikrometer liegt, dann ergibt sich hier ein erster Ansatz für die Frage: „Will ich sehen was ich tue, oder reicht es, zu fühlen?“

Leica M320
Leica Mikroskop

Zum Thema „Kronenrand“ informiert die Techniker Krankenkasse hierzu auf ihrer Internetseite: „Bedenkt man, dass die Karies auslösenden Bakterien nur eine Größe von 0,5 bis 2 Mikrometer (ein Mikrometer ist ein Tausendstel Millimeter) haben, so zeigt sich erst recht die Bedeutung des Randes für eine gute Versorgung des erkrankten Zahnes. Die erwünschte Genauigkeit liegt etwa bei 30 bis 50 Mikrometer, in der Realität aber meist nur bei 200 bis 300 Mikrometer.“ (http://m.tk.de/tk/mobil/zahnersatz/die-krone/kronenrand/153266) Es findet sich in dieser Patienteninformation leider kein Hinweis darauf, dass das Erreichen dieser Genauigkeit durch ein OP-Mikroskop unterstützt werden könnte. Bei der Frage nach dem Nutzen in der Endodontie bekommt man schnell die Antwort, dass man nun endlich sieht, was man tut. Bisher war die Situation, im Seitenzahnbereich nach Kanälen zu tasten, anstatt sie zu sehen die Normalität im Praxisalltag, heute kann ich sehen, was ich tue und dabei wesentlich effektiver endodontisch arbeiten. Der „zusätzliche Kanal“ ist nicht die Regel, kommt aber öfter vor, als man denkt. Selbst im Frontzahnbereich ergeben sich Situationen, die ich ohne Mikroskop nicht beherrscht hätte. Bei der Beurteilung der Wirtschaftlichkeit einer solchen Investition, kann ich feststellen, dass hier nicht nur die Abrechnung des Zuschlages in der GOZ (nur bei Privatpatienten, niemals bei Kassenpatienten), sondern auch die Reduzierung von Fehlern und die Nachfrage der Patienten, das Mikroskop zu einer positiven Honorar-Investitions-Bilanz führen. Eine Praxis ist in der Wahrnehmung immer nur das, was wir selbst den Patienten präsentieren. Mit dem Mikroskop ist sie tatsächlich und in der Wahrnehmung der Patienten, stets ein bisschen mehr qualitätsorientiert, als die Praxen, die ohne Mikroskop arbeiten. Zusammenfassend kann ich sagen, dass das Leica M320 heute DAS Gerät in der Praxis ist, auf das ich nicht mehr verzichten möchte. Die universellen Einsatzmöglichkeiten in allen Disziplinen der Zahnmedizin, gepaart mit den Möglichkeiten der Dokumentation und der deutlich erweiterten Patientenkommunikation machen es zu einem integralen Bestandteil meines Arbeitsalltags. Und dabei war alles so viel einfacher als ich gedacht hatte.

 


– AUTOR

Thorsten Wegner, Zahnarzt

 


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