Ein Wechsel in der Gesellschafterstruktur einer Zahnarztpraxis ist oft mit Herausforderungen verbunden. Ob ein Partner in den Ruhestand geht, ein neuer Kollege in die Praxis einsteigt oder ein Gesellschafter seinen Anteil verkauft – jede dieser Situationen erfordert eine sorgfältige Planung. Besonders wichtig sind steuerliche und rechtliche Aspekte, die den Wechsel beeinflussen können. Wer sich frühzeitig mit den Möglichkeiten und Fallstricken auseinandersetzt, kann finanzielle und organisatorische Überraschungen vermeiden.
Christian Erbacher, LL.M.
Felix Roth, M.Sc.
- Modelle des Gesellschafterwechsels
Je nach individueller Situation gibt es verschiedene Modelle, um einen Gesellschafterwechsel in der Praxis zu gestalten. Die Wahl der richtigen Methode kann finanzielle, steuerliche und rechtliche Konsequenzen haben und sollte gut überlegt sein. Wir beleuchten für Sie verschiedene Szenarien:
/// Eintritt eines neuen Gesellschafters
Eine der häufigsten Situationen ist die Aufnahme eines neuen Partners in die Praxis. Hier gibt es unterschiedliche Modelle:
- Direkter Erwerb eines Anteils: Der neue Partner kauft einen Teil der Praxis und wird damit Miteigentümer. Dabei wird meist ein fester Kaufpreis vereinbart, der entweder sofort oder in Raten gezahlt wird.
- Gewinnvorabregelung: Diese Methode ermöglicht es einem neuen Partner, schrittweise in die Praxis einzusteigen, ohne direkt einen hohen Kaufpreis zahlen zu müssen. Stattdessen erhält er zunächst nur einen begrenzten Anteil am Gewinn, während die bestehenden Gesellschafter weiterhin vorrangig am Gewinn beteiligt sind. Dies kann für junge Zahnärzte attraktiv sein, bringt aber steuerliche Besonderheiten mit sich.
/// Ausscheiden eines Gesellschafters
Wenn ein Gesellschafter aus der Praxis ausscheidet, stellt sich die Frage, wie er abgefunden wird. Hier gibt es verschiedene Möglichkeiten:
- Einmalzahlung: Der ausscheidende Gesellschafter erhält seinen Anteil am Praxiswert sofort ausbezahlt.
- Ratenzahlung: Der Kaufpreis wird über mehrere Jahre gestreckt, um die Liquiditätsbelastung für die verbleibenden Gesellschafter zu reduzieren.
- Earn-out-Klauseln: In manchen Fällen wird der Kaufpreis an die zukünftige Umsatzentwicklung der Praxis gekoppelt. Diese Methode ist für Käufer und Verkäufer vorteilhaft, erfordert aber eine exakte Vertragsgestaltung.
/// Veräußerung eines Anteils
Beim Verkauf eines Praxisanteils sind zahlreiche steuerliche und rechtliche Aspekte zu beachten. Dabei stellt sich insbesondere die Frage, ob der Verkaufserlös steuerbegünstigt behandelt werden kann. Zudem muss geprüft werden, ob eine sogenannte „Anwachsung“ des Praxisanteils bei den verbleibenden Gesellschaftern eintritt, was steuerlich nachteilige Folgen haben kann.
- Steuerliche Aspekte des Gesellschafterwechsels
Der Wechsel von Gesellschaftern in einer Berufsausübungsgemeinschaft (BAG) kann steuerliche Konsequenzen haben, die sorgfältig beachtet werden müssen.
/// Gewinnvorabmodell
Das Gewinnvorabmodell erlaubt es einem neuen Gesellschafter, sich an der Praxis zu beteiligen, ohne sofort einen Kaufpreis zu zahlen. Dabei erhält der neue Partner zunächst nur einen begrenzten Gewinnanteil. Die bestehenden Gesellschafter profitieren weiterhin von höheren Gewinnen, bis der neue Partner durch seine Arbeit seine volle Beteiligung „abgezahlt“ hat. Wichtig ist, Vor- und Nachteile dieses Modells, mit dem sich auch der BFH bereits beschäftigt hat, zu beleuchten.
/// Earn-out-Klauseln
Eine Earn-out-Klausel kommt dann zum Einsatz, wenn ein Praxisanteil verkauft wird und der Kaufpreis von zukünftigen Umsätzen abhängig gemacht wird. Diese Konstruktion kann aus steuerlicher Sicht Risiken bergen. Besondere Vorsicht ist geboten, wenn der Verkäufer die Tarifermäßigung i. S. d. § 34 Abs. 3 EStG („halber“ Steuersatz) nutzen möchte.
/// Anwachsung und Abwachsung
Beim Ausscheiden eines Gesellschafters kann dessen Anteil den verbleibenden Partnern „anwachsen“. Das bedeutet, dass der Anteil automatisch unter den übrigen Gesellschaftern aufgeteilt wird. Dies kann steuerlich problematisch sein. In solchen Fällen kann es sinnvoll sein, den Verkauf des Anteils direkt an einen Nachfolger zu gestalten, um eine ungewollte steuerliche Belastung zu vermeiden. Spiegelbildlich erfolgt beim Eintritt eines neuen Gesellschafters in eine Personengesellschaft eine sog. Abwachsung (vgl. § 712 Abs. 2 BGB).
- Rechtliche Aspekte und Neuregelung von Verträgen
Neben steuerlichen Fragen sind auch rechtliche Aspekte eines Gesellschafterwechsels von zentraler Bedeutung. Jede Änderung in der Gesellschafterstruktur erfordert eine Anpassung der bestehenden Verträge, um spätere Konflikte zu vermeiden.
/// Anpassung des Gesellschaftsvertrags
- Beim Eintritt eines neuen Gesellschafters müssen dessen Rechte und Pflichten klar im Gesellschaftsvertrag geregelt werden.
- Die Gewinnverteilung sollte an die neue Struktur angepasst werden.
- Stimmrechte, Entscheidungsprozesse und Vetorechte müssen unter Berücksichtigung der neuen Gesellschafterstruktur überarbeitet werden.
/// Vertragsgestaltung beim Ausscheiden eines Gesellschafters
- Die Modalitäten der Abfindung (Einmalzahlung, Ratenzahlung, Earn-out-Modelle) sollten vertraglich genau festgehalten werden.
- Ein Wettbewerbsverbot kann sinnvoll sein, um die Praxis vor Konkurrenz durch den ausgeschiedenen Gesellschafter zu schützen.
- Haftungsfragen müssen geklärt werden, insbesondere für ausstehende Verbindlichkeiten der Praxis.
/// Übertragung von Patientenstämmen und Infrastruktur
- Beim Wechsel eines Gesellschafters ist es wichtig zu klären, wie mit bestehenden Patientenbeziehungen umgegangen wird.
- Falls der ausscheidende Gesellschafter eigene Patienten mitnehmen möchte, sollte dies vertraglich geregelt werden, um Streitigkeiten zu vermeiden.
- Die Nutzung gemeinsamer Ressourcen wie Praxisräume, Geräte und Personal muss ebenfalls berücksichtigt werden.
- Praxistipps zur Vermeidung von Steuer- und Rechtsfallen
Ein Gesellschafterwechsel kann schnell zu steuerlichen und rechtlichen Problemen führen, wenn er nicht gut vorbereitet wird. Mit diesen Tipps lassen sich typische Fehler vermeiden:
/// Frühzeitige Planung
Ein Gesellschafterwechsel sollte frühzeitig geplant werden. Dies gibt allen Beteiligten ausreichend Zeit, steuerliche und finanzielle Fragen zu klären und eine sinnvolle Gestaltung zu wählen. Idealerweise sollte die Planung mindestens ein Jahr im Voraus beginnen.
/// Kaufpreisregelung überdenken
Durch eine geschickte Kaufpreisgestaltung können wirtschaftliche und steuerliche Vorteile generiert werden. Hier ist steht auf die individuellen Bedürfnisse der Beteiligten einzugehen.
/// Direkter Verkauf statt Anwachsung
Wenn ein neuer Partner bereits feststeht, kann es steuerlich vorteilhafter sein, dass der ausscheidende Gesellschafter seinen Anteil direkt an den neuen Partner verkauft. Dadurch wird vermieden, dass der Anteil zunächst den verbleibenden Gesellschaftern anwächst, was steuerliche Nachteile haben kann.
/// Einholung steuerlicher und rechtlicher Expertise
Da sich die steuerlichen und rechtlichen Regelungen laufend ändern, ist eine Beratung durch spezialisierte Steuerberater und Rechtsanwälte unerlässlich. Diese können mögliche Steuerfallen frühzeitig erkennen und die optimale Lösung für den Gesellschafterwechsel finden.
/// Fazit
Ein Gesellschafterwechsel in einer Zahnarztpraxis ist eine komplexe Angelegenheit mit vielen steuerlichen und rechtlichen Aspekten. Eine sorgfältige Planung hilft, steuerliche Nachteile zu vermeiden und eine reibungslose Übergabe oder Aufnahme eines neuen Gesellschafters sicherzustellen. Wer frühzeitig Experten einbindet und die verschiedenen Modelle kennt, kann finanzielle Risiken minimieren und die Zukunft der Praxis erfolgreich gestalten. Das Prinzip ist einfach: Je sorgfältiger die vertragliche Basis ausgearbeitet wurde, desto reibungsloser klappt die Änderung des Gesellschaftsstruktur.