Das Finanzgericht Rheinland-Pfalz hat entscheiden, dass eine Gemeinschaftspraxis von Zahnärzten insgesamt als Gewerbebetrieb einzustufen ist, wenn einer der Zahnärzte für die Organisation, Verwaltung und Leitung der Praxis zuständig ist und nur noch in geringem Umfang eigene zahnärztliche Beratungs- und Behandlungsleistungen am Patienten erbringt.
Simone Erbacher, Christian Erbacher, LL.M.
/// Wichtig: Freiberufliche Tätigkeit
Nach den für freiberufliche Mitunternehmerschaften anzulegenden Rechtsmaßstäben entsprach die Tätigkeit des Zahnarztes überwiegend nicht dem Berufsbild eines eigenverantwortlich und leitend tätigen Zahnarztes und war daher nach Auffassung des Finanzgerichts weitgehend nicht als freiberufliche, sondern als gewerbliche Tätigkeit anzusehen.
/// Merkmale der freien Berufe beachten
Die Hauptmerkmale des freien Berufs muss demnach jeder Gesellschafter in eigener Person positiv erfüllen. Er muss über die persönliche Berufsqualifikation verfügen und eine freiberufliche Tätigkeit, zu deren Ausübung er persönlich qualifiziert ist, tatsächlich auch ausüben. Dabei muss die Tätigkeit durch die unmittelbare, persönliche und individuelle Arbeitsleistung des Berufsträgers geprägt sein.
/// Problem: Arbeitsteilung
Es ist nicht erforderlich, dass jeder Gesellschafter in allen Unternehmensbereichen leitend tätig ist und an jedem einzelnen Auftrag mitarbeitet. Vielmehr können die Gesellschafter die Leitung und die Arbeit an den einzelnen Aufträgen teilen. Aber: Jeder der Gesellschafter muss in eigener Person die Hauptmerkmale des freien Berufes erfüllen, d.h. nicht nur über die persönliche Berufsqualifikation verfügen, sondern die freiberufliche Tätigkeit tatsächlich auch entfalten, also auch im Heilbereich tätig werden.
/// Unbedingt beachten: Merkmal der Höchstpersönlichkeit
Nach dem gesetzlichen Leitbild der Ausübung der Zahnheilkunde im Sinne des Zahnheilkundegesetzes (ZHG) kommt es entscheidend darauf an, dass aus der – insoweit zentralen – Patientensicht im Rahmen der Tätigkeit eine Feststellung und Behandlung von Zahn-, Mund- und Kieferkrankheiten erfolgt, die auf zahnmedizinisch-wissenschaftliche Erkenntnisse gegründet ist. Diese Definition des ZHG ist nach Ansicht des Finanzgerichts auch bei Auslegung des Begriffs „Zahnarzt“ im Sinne des §18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG zugrunde zu legen.
/// Folge bei Verstoß = Gewerbesteuerbelastung
Die alleinige Wahrnehmung von z.B. bloß kaufmännischer Leitungs- oder sonstiger Managementaufgaben ist insofern schädlich und führt zur Gewerblichkeit und damit zur Gewerbesteuerpflicht. Dadurch werden alle Einkünfte der gesamten Praxis als gewerblich infiziert mit der Folge, dass alle Einkünfte der Praxis gewerbesteuerpflichtig sind. Denn, wenn Gesellschafter einer Personengesellschaft teilweise freiberuflich und teilweise gewerblich tätig sind, so ist ihre Tätigkeit insgesamt als gewerblich zu qualifizieren. Die Tätigkeit des gewerblich tätigen Zahnarztes „infiziert“ daher die Tätigkeit der freiberuflichen Zahnärzte.
Praxistipp
Gemeinschaftspraxen sollten bei der Aufgabenverteilung zwischen den Gesellschaftern sicherstellen, dass jeder Gesellschafter regelmäßig an der Behandlung von Patienten beteiligt ist, selbst wenn der Schwerpunkt auf kaufmännischen oder Managementaufgaben liegt.
Das Risiko, dass ansonsten alle Einkünfte der Praxis der Gewerbesteuer unterfallen, lässt sich nach der Rechtsprechung nämlich nur beseitigen, wenn alle Zahnärzte auch tatsächlich selbst am Behandlungsstuhl tätig werden.
Eine Alternative kann die Gründung einer MVZ GmbH darstellen. In diesem Fall stellt sich das Problem einer gewerblichen Infizierung der Einnahmen nicht, da das MVZ als GmbH ohnehin gewerbesteuerpflichtig ist.
In jedem Fall sollte eine ineinander greifende rechtliche und steuerliche Beratung die Grundlage weiteren Handelns sein.
– AUTORIN
Simone Erbacher
Diplom-Wirtschaftsjuristin, Steuerberaterin
–KONTAKT
Erbacher, Lyck + Pätzold Steuerberatungsgesellschaft mbH
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–AUTOR
Christian Erbacher, LL.M
Rechtsanwalt, Fachanwalt für Medizinrecht
Lyck+Pätzold. healthcare.recht
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