Auszug des Ehegatten mit Immobilienverkauf: Steuerfallen verhindern

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Jedes Jahr trennen sich Paare und Ehen werden geschieden. Befand sich zuvor eine Immobilie im gemeinsamen Besitz der Ehegatten, wird sie regelmäßig verkauft – im Zweifel an den Ex. Der Verkauf sollte jedoch sorgfältig geplant werden. Denn in der Praxis können schnell zwei Steuerfallen mit teuren Konsequenzen auftreten.

Dr. Stephanie Thomas

/// Das Ausgangsbeispiel

Ein Ehepaar hat im Januar 2016 mit Anschaffungskosten von 300.000 Euro eine Immobilie erworben. Beide sind zu 50 Prozent Miteigentümer. Das Objekt wurde seit Erwerb zu eigenen Wohnzwecken mit dem in 2015 geborenen Sohn genutzt. Aufgrund von Trennung und beabsichtigter Scheidung ist der Ehemann 2024 ausgezogen. Die Scheidung erfolgte im Sommer 2025. In dem Jahr hat der Ehemann auch seinen 50-prozentigen Miteigentumsanteil an seine Ex-Frau verkauft. Dabei wurde für die Haushälfte ein von einem Gutachter ermittelter fremdüblicher Kaufpreis von 250.000 Euro zugrunde gelegt. Denn der Wert des Objekts hat sich aufgrund der Marktentwicklungen und erfolgter Sanierung auf 500.000 Euro erhöht.

Steuerfalle 1: Spekulationsgewinn i. S. v. § 23 EStG?

Das erste Steuerrisiko besteht darin, dass die Veräußerung des Miteigentumsanteils als Spekulationsgeschäft der Besteuerung unterliegen könnte (§ 22 Nr. 2 i. V. m. § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG). Für die Steuerpflicht spricht, dass der Ehemann im Jahr der Veräußerung (2025) in der Immobilie nicht mehr gewohnt hat. Gegen die Steuerpflicht spricht die Tatsache, dass der Ehemann die Immobilie immerhin von 2016 bis 2024 – also fast neun Jahre lang – zu eigenen Wohnzwecken genutzt und die Wohnung auch im Jahr 2025 zumindest unentgeltlich seiner Ex-Frau und dem gemeinsamen minderjährigen Sohn überlassen hat. Doch genügt das?

/// Wann ein privates Veräußerungsgeschäft vorliegt

Grundsätzlich unterliegt die Veräußerung von privaten Wirtschaftsgütern nicht der Besteuerung. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz gilt für Grundstücke. Werden Grundstücke veräußert, dann ist der dabei erzielte Gewinn steuerpflichtig (§ 22 Nr. 2 i. V. m. § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG). Die Steuerpflicht ist aber nicht unumstößlich. Sie haben drei Alternativen, um der Besteuerung zu entgehen. Nicht der Besteuerung unterliegt die Veräußerung von Grundstücken,

  • 1. die Sie im Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung ausschließlich zu eigenen Wohnzwecken genutzt haben (§ 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 S. 3, 1. Alternative EStG),
  • 2. die Sie im Jahr der Veräußerung und in den beiden vorangegangenen Jahren zu eigenen Wohnzwecken genutzt haben (§ 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 S. 3, 2. Alternative EStG) sowie
  • 3. die Sie bereits vor über zehn Jahren erworben haben (§ 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 S. 2 EStG). Maßgebend ist das Datum der notariellen Verträge.

Während der dritte Ausnahmetatbestand im Beispiel offensichtlich nicht zutrifft – die Immobilie wurde 2016 erworben und innerhalb von zehn Jahren veräußert – ist die Anwendbarkeit der anderen Ausnahmetatbestände fraglich. Entscheidend ist, ob die Immobilie auch 2025 durch die unentgeltliche Überlassung an den Sohn bzw. die Ex noch eigenen Wohnzwecken des ausgezogenen Ehemanns gedient hat.

/// Nutzung zu eigenen Wohnzwecken – Ja oder Nein?

Eine Nutzung „zu eigenen Wohnzwecken“ setzt grundsätzlich voraus, dass die Immobilie zum Bewohnen geeignet ist und vom Veräußerer auch bewohnt wird. Er muss die Immobilie also zumindest „auch“ selbst nutzen, wobei eine gemeinsame Nutzung mit einem Familienangehörigen oder einem Dritten unschädlich ist. Diese „eigene Nutzung“ durch den Ehemann lag zwar von 2016 bis 2024 vor, nicht jedoch im Jahr 2025 aufgrund seines 2024 erfolgten Auszugs.

Eine Nutzung zu eigenen Wohnzwecken liegt aber auch vor, wenn die Wohnung einem im Sinne des § 32 EStG einkommensteuerlich zu berücksichtigenden Kind unentgeltlich zur Nutzung überlassen wird (BFH, Urteil vom 21.05.2019, Az. IX R 6/18, Abruf-Nr. 211372 und BMF, Schreiben vom 05.10.2000, Az. IV C 3 – S 2256 – 263/00, Abruf-Nr. 001381, Rz. 23). Dieser Ausnahmetatbestand ist für das Jahr 2025 erfüllt worden. Das alleine genügt aber nicht. Denn weil die Immobilie 2025 parallel durch die Ex genutzt wurde, und die unentgeltliche Überlassung an andere – auch unterhaltsberechtigte – Angehörige gerade keine Nutzung zu eigenen Wohnzwecken darstellt, liegt insgesamt keine Nutzung zu eigenen Wohnzwecken vor (BFH, Urteil vom 24.05.2022, Az. IX R 28/21, Abruf-Nr. 232213 und 14.02.2023, Az. IX R 11/21, Abruf-Nr. 234682).

Zwischenfazit: Damit wurde der Tatbestand eines privaten Veräußerungsgeschäfts verwirklicht und der Ehemann muss den realisierten Gewinn von 100.000 Euro versteuern (250.000 Euro abzgl. ½ der Anschaffungskosten von 300.000 Euro). Dabei wäre dieses unschöne Ergebnis durchaus vermeidbar gewesen:

  • 1. Wäre die Veräußerung bereits im Jahr 2024 – dem Jahr des Auszugs des Ehemanns – erfolgt, hätte die in § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 S. 3, 2. Alternative EStG verankerte Ausnahme Anwendung gefunden und eine Steuerpflicht wäre nicht eingetreten. Denn dann hätte der veräußernde Ehemann die Wohnung im Jahr der Veräußerung 2024 (der zeitliche Umfang ist egal) und in den beiden Jahren davor zu eigenen Wohnzwecken genutzt.
  • 2. Hätte die Veräußerung erst 2026 stattgefunden, dann wäre ebenfalls keine Steuerpflicht eingetreten. Denn dann wäre die für Spekulationsgeschäfte maßgebende zehn-Jahres-Frist abgelaufen (§ 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 S. 2 EStG).

/// Exkurs: Die drohende Zwangsversteigerung

In der Praxis gibt der aus der Immobilie ausziehende Partner das Eigentum oft nicht freiwillig auf. Immer wieder kommt es dazu, dass einer der Partner mit der Zwangsversteigerung der Immobilie droht, sollte der andere Partner seinen Miteigentumsanteil nicht an ihn verkaufen. Ändert dieser Umstand etwas an der Steuerfalle? Leider nein. Zwar hat der BFH entschieden, dass bei einer Zwangslage zur Veräußerung keine Steuerpflicht eintritt (BFH, Urteil vom 23.07.2019, Az. IX R 28/18, Abruf-Nr. 211256). Das wäre bei einer drohenden Enteignung der Fall. Eine Zwangslage liegt jedoch bei einer drohenden Zwangsversteigerung nicht vor. Das liegt daran, dass der Partner auch bei drohender Zwangsversteigerung noch immer selbst entscheiden kann, ob er seinen Miteigentumsanteil sofort veräußert oder die Zwangsversteigerung abwartet (BFH, Urteil vom 14.02.2023, Az. IX R 11/21, Abruf-Nr. 234682).

/// Fallerweiterung: Objekt wurde renoviert

In der Fallerweiterung wird jetzt unterstellt, dass die 2016 erworbene Immobilie bereits im Jahr 1980 errichtet worden war. Weil entsprechender Renovierungsbedarf vorlag, hatten sich die Ehegatten 2024 (vor der Scheidung) entschieden, eine energetische Sanierung vorzunehmen. 2024 wurden Fenster und Heizungsanlage erneuert, und das Dach neu gedämmt. Die Handwerker haben für die Maßnahmen insgesamt 100.000 Euro berechnet und ordnungsgemäße Bescheinigungen i. S. v. § 35c EStG vorgelegt. Innerhalb der gemeinsamen Einkommensteuererklärung für das Jahr 2024 haben die Ehegatten entsprechend die Steuerermäßigung nach § 35c EStG beantragt.

/// Falle 2: Fortführung der Steuerermäßigung in § 35c EStG?

Energetische Maßnahmen im Sinne des § 35c EStG führen zwar wie die in § 35a EStG verankerten Handwerkerleistungen zu einer effektiven Steuerermäßigung von 20 Prozent. Während die Steuerermäßigung nach § 35a EStG jedoch in voller Höhe im Zahlungsjahr gewährt wird und nur die Bruttolohnkosten berücksichtigt werden, begünstigt § 35c EStG auch die Materialkosten. Dafür muss aber beachtet werden, dass die Steuerermäßigung nach § 35c EStG stufenweise gewährt wird:

  • Jahr des Abschlusses der energetischen Maßnahme (2024): 7 Prozent
  • Folgejahr (2025): 7 Prozent
  • Zweitfolgejahr (2026): 6 Prozent

Fraglich ist, ob die Steuerermäßigung für das Folge- und Zweitfolgejahr noch zu gewähren ist, weil der Ehemann 2024 ausgezogen ist und seinen Miteigentumsanteil 2025 an seine Ehefrau veräußert hat.

/// Auch § 35c EStG fordert Nutzung „zu eigenen Wohnzwecken“

Voraussetzung der Steuerermäßigung ist wie bei § 23 EStG, dass das energetisch modernisierte Objekt zu eigenen Wohnzwecken genutzt wird (§ 35c Abs. 2 S. 1 EStG). Das war 2024 unstrittig der Fall, weshalb den Ehegatten die volle Steuerermäßigung von 7.000 Euro zu gewähren war (100.000 Euro x sieben Prozent).

/// Was gilt für die Steuerjahre 2025 und 2026?

Für 2025 ist hingegen zu berücksichtigen, dass der Ehemann ausgezogen ist und seinen Miteigentumsanteil verkauft hat. Damit liegt für ihn grundsätzlich keine Nutzung zu eigenen Wohnzwecken mehr vor. Hier ist aber entscheidend, dass er 2025 bis zum Verkauf seinen Miteigentumsanteil an seinen minderjährigen Sohn, der als Kind mit Anspruch auf Kindergeld/Kinderfreibetrag i. S. v. § 32 EStG anzusehen ist, unentgeltlich überlassen hat.

Dieser Umstand führt zumindest nach Verwaltungsauffassung dazu, dass 2025 doch noch eine Nutzung zu eigenen Wohnzwecken i. S. v. § 35c EStG gegeben ist und sich die Steuerermäßigung nutzen lässt. Denn die parallele Nutzung durch die Ex-Frau soll unschädlich sein (vgl. auch BMF, Schreiben vom 21.08.2025, Az. IV C 5 – S 2533/00120/006/018, Abruf-Nr. 249808, Rz. 13 und 18 sowie § 35c Abs. 2 S. 2 EStG). Die negative Rechtsprechung zu § 23 EStG, nach der die parallele Nutzung durch die Ex-Frau für das Tatbestandsmerkmal der Nutzung zu eigenen Wohnzwecke schädlich ist, dürfte sich damit nicht auf § 35c EStG übertragen lassen.

Wichtig: Wäre die Wohnung 2025 nicht auch durch den kindergeldberechtigten Sohn, sondern nur durch die Ex-Frau (und ggf. weitere Dritte) genutzt worden, wäre das Ergebnis ein anderes. Dann hätte nur die Ex-Frau den auf sie entfallenden Anteil von 50 Prozent nach § 35c EStG geltend machen können.

Zum Problem wird 2026. In diesem Jahr ist der Ehemann kein Eigentümer mehr, weil er seinen Miteigentumsanteil bereits 2025 übertragen hat. Damit scheidet für ihn die Steuerermäßigung nach § 35c EStG aus. Die Brisanz: Der entfallende Anteil von 50 Prozent kann auch nicht durch die den Miteigentumsanteil erwerbende Ex-Frau fortgeführt werden (BMF, Schreiben vom 21.08.2025, Rz. 36). Damit beträgt die Steuerermäßigung nach § 35c EStG auch bei der Ex-Frau im Jahr 2026 nur 3.000 Euro (100.000 Euro x 6 Prozent x 50 Prozent) – und nicht wie geplant 6.000 Euro.

/// Fazit

Auch mit Blick auf § 35c EStG ist genauestens zu prüfen, ob und wie sich ein Auszug aus dem bisher gemeinsam genutzten Eigenheim auswirkt. Schnell kann die Steuerermäßigung entfallen und es damit zu teuren Konsequenzen kommen. Das gilt vor allem deshalb, weil sich die Steuerermäßigung im Grundsatz nicht auf den Expartner übertragen lässt, der in der Immobilie wohnen bleibt. Von diesem Grundsatz gibt es eine Ausnahme: Sollte ein Miteigentümer im Fall des Todes des anderen Miteigentümers Alleineigentümer werden, kann der überlebende Miteigentümer die bisher auf den anderen Miteigentümer entfallende Steuerermäßigung innerhalb des dreijährigen Abzugszeitraums fortführen. Voraussetzung dafür ist aber, dass die Miteigentümer das Objekt gemeinsam bewohnt haben und der überlebende Miteigentümer das Objekt nunmehr im Alleineigentum zu eigenen Wohnzwecken nutzt (BMF, Schreiben vom 21.08.2025, Rz. 39). Ergo: Wäre der Ehemann nicht ausgezogen, sondern verstorben, wären beide Steuerfallen (§§ 23 und 35c EStG) nicht eingetreten.

– AUTORIN
Dr. Stephanie Thomas
Steuerberaterin / Rechtsanwältin, Fachanwältin für Steuerrecht

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