Full-Arch-Sofortversorgung mit komplexer Bissrehabilitation

OPG nach Implantation unter Vollnarkose.

 

 

Praktische Zahnlosigkeit über Jahre – Erschwerte Therapie durch Makroglossie.

Daniel Liss

 

Vor drei Jahren hatte der Patient wohl schlecht angepasste Prothesen bekommen. Abbeißen, Kauen und die Zähne beim Lächeln zeigen waren nicht möglich. Daher hatte der Mann diesen Zahnersatz nie getragen. Über den genannten Zeitraum existierten praktisch nur drei Eisenzähne im Oberkiefer: die endodontisch behandelten Restzähne 11, 21, 22 mit NEM-Kronen und Kugelkopfankern für eine Lokatorenprothese. So stellte sich der Mann im Juni 2023 bei Oberärztin Dr. Yun-Chie Roh im AllDent Zahnzentrum Leipzig vor.

 

/// Befund

Aufgrund der langjährigen Zahnlosigkeit hatten sich die Zähne verschoben. Die Coverdenture-Versorgung im Oberkiefer war nicht mehr einsetzbar. Im atrophierten Unterkiefer war der Halt der Totalprothese so ungenügend, dass sie bei der geringsten Bewegung aus dem Mund rutschte. Eine besondere Herausforderung bedeutete die Diagnose Makroglossie.

 

/// Therapieplanung

Auf ausdrücklichen Patientenwunsch – und aufgrund der nicht erhaltenswerten Restbezahnung – wurden sowohl für Ober- als auch Unterkiefer Full-Arch-Sofortversorgungen auf vier Implantaten geplant. Hausintern übernahm Oralchirurgin Dr. Irene Göllnitz die DVT-Auswertung und die OP-Planung. In Zusammenarbeit mit den Zahntechnikern aus dem hauseigenen Meisterlabor führte Daniel Liss als Prothetiker die Analyse für Feste dritte Zähne an einem Tag (FDZ) durch: Fotos, Video, Sprachanalyse, Abformung, Bissnahme und Zahnfarbberatung zur Feststellung von Lautbildung, Lippenunterstützung, Gesichtsmitte, Zahn- und Schneidekante, Lachlinie und Zahnform. Gerade die Bissnahme gestaltete sich als schwierig. Denn Gesichtsmuskulatur und Nerven hatten sich stark zurückgebildet. Der Patient hatte quasi vergessen, wie es ist, Zähne zu haben.

 

/// Therapie

Die eigentliche Operation übernahm Dr. Wolfgang Bolz. Bedingt durch das Krankheitsbild der Makroglossie nahm die Zunge im Mundraum einen großen Raum ein. Dies bedeutete bei Rückenlage des Patienten während der Vollnarkose mit nasotrachealer Intubation eine besondere Herausforderung. Denn die Zunge verdeckte die Kieferkämme. Dadurch intervenierte sie bei der nötigen Verwendung der chirurgischen Orientierungsschablone und bei der Bissnahme. Erst durch eine zusätzliche Assistenz, die mit zahnärztlichen Spiegeln die Zunge kontrollierte, war eine genaue Positionierung der Implantate möglich. Im Einzelnen wurden inseriert:

 

  • Regio 35 (Neodent BLT Implantat, 3,75 mm L: 13 mm + 1,5mm; 30° abgewinkeltes Abutment),
  • Regio 32 (Neodent BLT Implantat, 3,75 mm L: 11,5 mm + 1,5mm; gerades Abutment),
  • Regio 42 (Neodent BLT Implantat, 3,75 mm L: 11,5 mm + 1,5mm; gerades Abutment),
  • Regio 45 (Neodent BLT Implantat, 3,75 mm L: 13 mm + 1,5mm; 30° abgewinkeltes Abutment),
  • Regio 15 (Neodent BLT Implantat, 3,75 mm L: 13 mm + 1,5mm; 30° abgewinkeltes Abutment),
  • Regio 12 (Neodent BLT Implantat, 4,3 mm L: 11,5 mm + 1,5mm. gerades Abutment),
  • Regio 22 (Neodent BLT Implantat, 3,75 mm L: 11,5 mm + 1,5mm. gerades Abutment),
  • Regio 25 (Neodent BLT Implantat, 3,75 mm L: 13 mm + 1,5mm; 30° abgewinkeltes Abutment).

 

Mittels einer im Vorfeld angefertigten Tiefziehschiene stellte der Zahntechniker während der Operation ein Provisorium her, arbeitete es aus und polierte es. Noch während der OP wurde dieses eingegliedert und die Okklusion eingeschliffen. Bereits kurz danach zeigte sich der Patient komplett zufrieden und freute sich über die wiedererlangte Möglichkeit zu lachen.
Zur Nachkontrolle nach zwei Wochen war die Wundheilung regelrecht. Der Patient hatte sich weitgehend an die festen Zähne gewöhnt. Allerdings musste die Okklusion erneut stark eingeschliffen werden, da es auf den Seitenzähnen starke Vorkontakte kam. Zur Herstellung des Gerüsts für die endgültige Versorgung wurde eine Implantatabformung und eine neue Bissnahme durchgeführt. Unter Berücksichtigung dieser Vorgaben stellte das Labor die Gerüste und die Wachsaufstellung her.
Zur Einprobe nach weiteren sechs Wochen hatte sich die Mittellinie verschoben und damit den Biss erneut verändert. Mittlerweile fand der Patient jedoch sicher seine habituelle Okklusion. Zur Fertigstellung des Zahnersatzes wurde diese berücksichtigt.

 

/// Fazit

Der Fall zeigt, dass auch unter widrigen Umständen (lange Zahnlosigkeit, Makroglossie) Full-Arch-Sofortversorgungen auf vier Implantaten möglich sind. Trotz oder möglicherweise gerade wegen der langen Zahnlosigkeit war der Patient bereits mit den provisorischen Brücken sehr gut zurechtgekommen. Durch die Perfektionierung des Bisses konnten Freude und Zufriedenheit über die neuen Zähne noch gesteigert werden. Auch das Behandlungsteam durfte sich schließlich über die erfolgreiche Bissrehabilitation und das Einhalten der guten medizinischen Standards freuen.

– AUTOR
Daniel Liss, Oberarzt

– KONTAKT
AllDent Zahnzentrum Leipzig GmbH
Medizinisches Versorgungszentrum
Petersstr. 32-34
04109 Leipzig
www.alldent-leipzig.de