Gesunde Zähne von Anfang an – Kinderprophylaxe mit System

 

Je früher, desto besser – ein altes Sprichwort, das für viele Bereiche stimmt, besonders für die Erhaltung der Mundgesundheit.

Sylvia Fresmann

Kinderprophylaxe hat sich in vielen Praxen etabliert und wird mehr oder weniger regelmäßig durchgeführt – Das hat in der Gesamtheit, in Zusammenarbeit mit den Krankenkassen, zu einem deutlichen Rückgang der Karies bei Kindern geführt.
Aber reicht das? Wenn man bedenkt, dass zwar mehr als 80% der Kinder kariesfrei sind, aber noch ca. 20% der Kinder sehr viele kariöse Läsionen haben, bleibt noch viel zu tun.

Die Gesundheitsförderung beginnt im Grunde genommen schon in der Schwangerschaft mit der Information der Eltern. Das Ziel „gesunde Zähne von Anfang an“ hat höchste Priorität.
Es sind Konzepte erforderlich, die bereits sehr früh die Kinder an die zahnärztliche Praxis heranführen und so eine frühzeitige Kontrolle und Behandlung unserer kleinen Patienten ermöglichen.

Milchzähne und der Wechsel zu den bleibenden Zähnen müssen professionell begleitet werden, um Karies und Co. keine Chance zu geben! Die Anamnese, zusammen mit klinischen Daten wie Blutungsneigung, Schwellung der Gingiva oder Plaque liefern uns, auch bereits bei Kindern, wichtige Hinweise auf ein bestehendes Kariesrisiko bzw. eine vorhandene Kariesaktivität. Zur Bestimmung einer risikoorientierten Frequenz für die Prophylaxebehandlung müssen die erhobenen Daten und Befunde zusammengeführt und bewertet werden.

 

Hauptplayer in diesem Konzept sind, neben den kleinen und größeren Patienten und deren Eltern bzw. Betreuungspersonen, die Praxisteams in den Zahnarztpraxen, wobei deren Verantwortung bereits bei der Primär-Primär-Prävention, also der Beratung und Betreuung der werdenden Väter und Mütter, beginnt.

Neben dem Bewusstsein für die eigene Mundhygiene muss das Verständnis für die Ansprüche an die Zahnpflege des Kindes geweckt und mit konkreten Handlungsanweisen und Tipps begleitet werden.

Auch die Zusammenarbeit mit Betreuungseinrichtungen wie Kindertagesstätten und Kindergärten kann sehr hilfreich sein.

 

Die entscheidende Frage ist, wie kann sich eine prophylaxeorientierte Zahnarztpraxis in diesem Kontext effektiv und effizient aufstellen?

 

/// Die Antwort heißt „Prophylaxe mit Konzept“

Die Zahnarztpraxis muss sich zunächst als wichtiger Teil eines Systems begreifen, in dem auch Kinder- und Hausärzte eingebunden sind.  Interdisziplinäre Zusammenarbeit ist auch bei der Patientengruppe der Kinder und Jugendlichen erforderlich!

Dazu gehört eine Prophylaxephilosophie, die von allen Mitarbeitern gelebt werden muss, denn Prophylaxe ist Teamarbeit.

Des Weiteren sind kompetente, geschulte Fachkräfte und eine entsprechende technische Ausstattung vonnöten.Im Idealfall sind Behandlungsräume und Wartebereiche zielgruppenorientiert gestaltet und mit unterstützenden Hilfsmitteln ausgerüstet.

 

Von besonderer Bedeutung ist, dass das Praxisteam sich auf die verschiedenen Alters- und Entwicklungsabschnitte einstellt, um überhaupt die weiteren Grundlagen für eine lebenslange Mundgesundheit setzen zu können. Dazu gehört eine altersgerechte Ansprache, kombiniert mit kreativen und interessanten Behandlungs- und Verhaltensformen. Beseitigte bzw. nicht bestätigte Ängste und Vorbehalte machen nebenbei aus dem Kind bzw. Jugendlichen den Patienten und Kunden von Morgen.

Der Zahnarzt und sein Team können allerdings nicht alle Defizite in der Mundhygiene auffangen. Deswegen ist es unumgänglich, dass der Focus frühzeitig auf die häuslichen Maßnahmen gerichtet wird. Dem Praxisteam kommt diesbezgl. eine nicht zu unterschätzende Beratungs- und Orientierungsfunktion zu. Der junge Patient ist dabei mit zunehmendem Alter immer mehr in den Mittelpunkt zu stellen, da er über kurz oder lang für seine Gesundheit Verantwortung übernehmen muss.

 

/// Prophylaxe ist nicht gleich Prophylaxe

Prophylaxe ist im allgemeinen Sprachgebrauch positiv besetzt. Wenn wir jedoch über Kinder- und Jugendprophylaxe sprechen, meinen wir häufig nicht dasselbe. Nicht selten unterscheiden sich die angesprochenen Konzepte recht stark, selbst das Vorgehen verschiedener Behandler in einer Praxis kann deutlich voneinander abweichen.

 

Die nachfolgenden Textboxenenthalten Empfehlungen und Hinweise für ein zielgruppenorientiertes Prophylaxekonzept für Kinder und Jugendliche, die sich in der Praxis bewährt haben:

 

Rahmenbedingungen für Kinder- und Jugendprophylaxe

 

 

Rahmenbedingungen

in der Praxis

·       Alters- bzw. kindgerechtes Behandlungszimmer

·       Alters- bzw. kindgerechte Kommunikation

·       Alters- bzw. kindgerechtes Demonstrationsmaterial

·       „Interessanter“ Warteraum für Kinder und Jugendliche

·       Farbige Praxiskleidung

·       Namensschilder

·       Gutes Terminmanagement

Primär-Primär-Prävention

 

 

Prophylaxe bei werdenden Eltern

in der Praxis

·       Optimierung der elterlichen Mundhygiene

·       Beratung zur systematischen Prävention, zur Möglichkeit von Früherkennungsuntersuchungen beim Zahnarzt

·       Kurze Einweisung, ab wann mit den ersten Zähnen zu rechnen sein wird

·       Pflegehinweise für die ersten Zähnchen

·       Ernährungs- und Trinkempfehlungen

·       Aufklärung über Lutschgewohnheiten und deren kurz und langfristigen Auswirkungen

·       Hinweis auf Einbeziehung aller zukünftiger Bezugspersonen des Kindes (Eltern, Großeltern, Betreuer, Tagesmütter)

·       Fluoridprophylaxe

Prophylaxe bei Kleinkindern bis 2 Jahre

 

 

Prophylaxe bei Kleinkindern

 in der Praxis

·       Prophylaxebetreuung der Bezugspersonen

·       Beratung zur systematischen Prävention

·       Früherkennungsuntersuchungen beim Zahnarzt

·       Mundinspektion

·       Mundhygieneberatung

·       Häufigkeit zuckerhaltiger Getränke und Süßigkeiten

·       Häufigkeit der Nahrungsaufnahme

·       Vermeidung von Habbits

·       Dokumentation systemischer Faktoren

·       Fluoridempfehlungen anhand aktueller wissenschaftlicher Leitlinien

·       Plaque-Control-Record (PCR) und visuelle Gingivabeurteilung(VGI) soweit möglich – Aufnahme mit ParoStatus.de

·       Politur der Zähne

·       Fluoridierung

·        Patientenausdruck den Eltern erklären und neuen Termin verienbaren

Prophylaxe bei Kindern bis 11 Jahre

 

 

Prophylaxe bei Kindern und Jugendlichen

 in der Praxis

·       Zahnärztliche Untersuchung

·       Häufigkeit zuckerhaltiger Getränke und Süßigkeiten

·       Kieferorthopädische Behandlung

·       Systemische Faktoren

·       Fluoridnutzung anhand aktueller wissenschaftlicher Leitlinien

·       Befundaufnahme: PCR und VGI mit ParoStatus.de

·        angefärbte Stellen mit Spiegel/intraoraler Kamera demonstrieren

·       Motivation und Instruktion

·       Ggfls. Reinigung mit Ultraschall

·       Ggfls. Reinigung mit Handinstrument

·       Politur der Zähne

·       Interdentalreinigung mit Zahnseide

·       Ggfls. Kariesmonitoring mit DiagnoCam

·       Fluoridierung

·       Patientenausdruck erklären und neuen Termin vereinbaren

Prophylaxe bei Jugendlichen bis 17 Jahre

 

 

Prophylaxe bei Kindern und Jugendlichen

 in der Praxis

·       CHX-Spülung (0,2%)

·       Zahnärztliche Untersuchung

·       Befundaufnahme: API und SBI/  erw. PSI mit ParoStatus.de

·       Zigarettenkonsum

·       Systemische Faktoren

·       Erosionen

·       Karies in den letzten 3 Jahren

·        angefärbte Stellen mit Spiegel/intraoraler Kamera demonstrieren

·       Motivation und Instruktion

·        Reinigung mit Ultraschall

·       Ggfls. Reinigung mit Handinstrument

·       Politur der Zähne

·       Ggfls. Pulver-Wasserstrahl-Anwendung

·       Interdentalreinigung mit Zahnseide

·       Zungenreinigung

·       Ggfls. Kariesmonitoring mit DiagnoCam

·       Fluoridierung

·       Patientenausdruck erklären und neuen Termin verienbaren

 

 

Synchronisation der Behandlungsabläufe

Um das Vorgehen verschiedener Behandlerin einer Praxis weitestgehend zu synchronisieren sind standardisierte Behandlungsabläufe sinnvoll.

Mit der PC-unterstützten Befund- und Dokumentationssoftware„ParoStatus.de“ (www.parostatus.de)  steht dafür z.B. ein Programm zur Verfügung, das die gesamte Befunderhebung ohne weitere Assistenz, ohne das lästige Aufschreiben und nervige Notieren per Stift, ermöglicht. Die Befunde und die durchzuführenden Maßnahmen einschließlich sinnvoller Empfehlungen für die zielgruppenorientierte Kommunikation mit dem Patienten, wurden in Kooperation mit Universitäten und Fachgesellschaften entwickelt und folgen einem praxisnahen logischen Ablauf. Wie in einem Kreisdiagramm sind die verschiedenen Behandlungsschritte angeordnet und bieten so die Gewähr, dass kein Arbeitsschritt vergessen wird. Für den Patienten ein interessanter Aspekt ist, dass der Computer mit ihm spricht. Die gemessenen Befunde werden vom PC akustisch wiederholt und führen häufig zu interessierten Nachfragen.

Bei aller modernen Technik,  die jungen Patienten müssen immer mit einem kindgerechten, individuellen und altersgerechten  Konzept begleitet werden – und hier kommen die neuen „Mitarbeiter Lilli, Poldi, Pia und Nils“ ins Spiel. Jedes dieser kleinen Helferlein steht für eine der 4 Altersgruppen der jungen Patienten. Zahnprinzessin Lilly und Zahnritter Poldi sind dabei vertrauensvolle Begleiter der Kleinkinder und „beschützen“ bereits den ersten Zahn. In dieser Altersgruppe liegt der Focus auf dem Kennenlernen und der Eingewöhnung.
Das Konzept und die „Beschützer“ wachsen mit den älter werdenden Kindern mit. Für die Teenys stehen dann Pia und Nils als coole Begleiter der Mundgesundheit zur Verfügung.
Dabei stehen immer der Schutz vor Krankheit – insbesondere vor Karies – und das Erlernen von Mundhygienemaßnahmen im Zentrum.
Attraktive und altersgerechte optische Darstellungen und Accessoires stoßen bei der jeweiligen Zielgruppe auf großes Interesse und sind optimale „Türöffner“ für den Einstieg in die Mundgesundheit. Fast nebenbei wird, insbesondere in den jüngeren Altersgruppen, ein individuelles Risikoprofil erstellt. Auf einem lustigen Ausdruck erklären Lilly, Poldi und Co. dem kleinen oder größeren Patienten in einer Zusammenfassung die Situation in seinem Mund. Ein kleiner Zahnputzplan und Abbildungen von Lilly, Poldi, Nils oder Pia runden das kindgerechte Programm ab und legen den Grundstein für lebenslangen Zahnerhalt.

Die Ausdrucke sind für Mädchen und Jungen unterschiedlich und kindgerecht gestaltet. Insgesamt stehen Ausdrucke für 4 verschiedene Altersgruppen zur Verfügung (0-2 Jahre, 3-5 Jahre, 6-11 Jahre, 12-17 Jahre).

 

/// Fazit

Prophylaxe funktioniert; auch bei Kindern und Jugendlichen!

Voraussetzung ist ein frühzeitiger Beginn der Mundhygiene und ein abgestimmtes Prophylaxekonzept in der Zahnarztpraxis.

 

AUTORIN

Sylvia Fresmann

KONTAKT

Deutsche Gesellschaft für Dentalhygienikerinnen e.V.
Fasanenweg 14
48249 Dülmen

E-Mail: fresmann@dgdh.de
Internet: www.dgdh.de