Eines Tages kommt Ihre ZFA zu Ihnen und teilt Ihnen freudig mit, dass sie schwanger ist. Was passiert nun in der Praxis? Darf sie „normal“ weiter arbeiten? Falls nein, kann und soll sie anders eingesetzt werden und wie funktioniert das eigentlich mit dem Beschäftigungsverbot?
Robert Sebastian Koch
Meist ist es so, dass ein weiterer Einsatz der ZFA insbesondere am Behandlungsstuhl nicht möglich ist, weil § 4 des Mutterschutzgesetzes (MuschG) beispielsweise vorschreibt, dass werdende Mütter nicht mit gesundheitsgefährdenden Stoffen oder mit Arbeiten, bei denen sie infolge ihrer Schwangerschaft in besonderem Maße der Gefahr, an einer Berufskrankheit zu erkranken, ausgesetzt sind oder bei denen durch das Risiko der Entstehung einer Berufskrankheit eine erhöhte Gefährdung für die werdende Mutter oder eine Gefahr für deren ungeborenes Kind besteht, betraut werden dürfen. Da in der Regel niemand ein Infektionsrisiko ganz ausschließen kann und eine Beschäftigung an der Zentrale nicht immer möglich ist, wird ein Beschäftigungsverbot erteilt.
Es gibt zwei Arten solcher Verbote: Das individuelle Beschäftigungsverbot und das generelle Beschäftigungsverbot.
/// Individuelles Beschäftigungsverbot
Das individuelle Beschäftigungsverbot wird vom behandelnden Arzt der werdenden Mutter ausgestellt. Er entscheidet, welche beruflichen Tätigkeiten eine Gefährdung für die Gesundheit der Schwangeren oder des Babys darstellen können. Dieser Arzt hat die Möglichkeiten, die Tätigkeiten der ZFA einzuschränken oder ganz zu verbieten. Er trifft auch Aussagen zur Dauer des Beschäftigungsverbots (nur vorübergehend oder bis zum Beginn des Mutterschutzes).
/// Generelles Beschäftigungsverbot
Das generelle Beschäftigungsverbot kommt weit häufiger vor als das individuelle Beschäftigungsverbot. Es wird vom Arbeit gebenden Zahnarzt selber ausgesprochen. Das erfolgt häufig ab Kenntnis der Schwangerschaft und dauert meist bis zum Beginn der Mutterschutzfristen an.
Hat der Arbeitgeber die werdende Mutter (und deren Kollegen) über das Beschäftigungsverbot informiert, setzt er im Anschluss eine Meldung an das Amt für Arbeitsschutz ab und teilt diesem die Umstände des Beschäftigungsverbots, insbesondere, warum eine Weiterbeschäftigung nicht möglich ist mit. Dabei hilft Ihnen auch gerne der Steuerberater.
/// Was kostet Sie das Beschäftigungsverbot und was bedeutet es für die betroffene ZFA?
Hier ist der Grundsatz zu beachten, dass den Schwangeren kein finanzieller Nachteil durch das Beschäftigungsverbot entstehen darf! Dass das normale Gehalt weitergezahlt werden muss, ist vielen klar. Aber was ist mit Sonderzahlungen wie Urlaubs- und Weihnachtsgeld oder den nicht unüblichen Provisionszahlungen von Prophylaxehelferinnen?
- 11 Abs. 1 S. 1 MuschG verpflichtet den Arbeitgeber, während des Beschäftigungsverbots mindestens den Durchschnittsverdienst der letzten drei Monate vor Beginn des Monats, in dem die Schwangerschaft eingetreten ist, zu gewähren.
/// Provisionen
Zum regelmäßig fortzuzahlenden Arbeitsentgelt zählen somit auch die laufenden Provisionen. Hier geht es allerdings nur um Provisionsansprüche, die sich auf die Tätigkeit des Mitarbeiters vor dem Beschäftigungsverbot zurückführen lassen. Es wird auf die sog. Mitwirkungshandlung der Mitarbeiterin abgestellt. Die Fälligkeit des Provisionsanspruchs ist nicht relevant (vgl. BAG vom 14.12.2011 – 5 AZR 439/10). So kann der Arbeitgeber das Entgelt nicht durch Verlagerung des Zahlungsanspruchs variieren.
Vereinfachtes Beispiel:
Die ZFA ist im Mai schwanger geworden und hat laufend Provisionszahlungen
erhalten.
Provisionen bislang:
Februar: 1.050,00 €
März: 1.150,00 €
April: 950,00 €
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In diesem Zeitraum erzielte Provision: 3.150,00 €
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davon 1/3 zur Entgeltfortzahlung = 1.050,00 €
Besondere Gratifikationen für die Gesamtleistung des vergangenen Jahres, die nicht für die Arbeit während der 3 Monate vor dem Beschäftigungsverbot gezahlt werden, werden nicht berücksichtigt.
/// Sonstige Gehaltsbestandteile
Hat Ihre ZFA einen Anspruch auf vermögenswirksame Leistungen (z. B. per Arbeitsvertrag), sind diese in die Bemessung des Bruttoentgelts mit einzubeziehen. Dagegen gehört der Arbeitgeberzuschuss zu einer privaten Krankenversicherung regelmäßig nicht zum Arbeitsentgelt.
Gewähren Sie Ihrer ZFA bereits einen Kindergartenzuschuss für schon vorhandene Kinder? Dann müssen Sie auch diesen berücksichtigen, wenn er in den drei Monaten vor Beginn des Beschäftigungsverbots gezahlt wurde. Häufig wird darüber nachgedacht, Zuschüsse, die steuerfrei sind, von der Prüfung, ob es sich um Arbeitsentgelt im Sinne von § 14 Abs. 1 MuschG handelt, auszuschließen, dem ist aber meist nicht so.
Was ist mit anderen Sachbezügen, zum Beispiel den 44-Euro-Gutscheinen? Sie fallen grundsätzlich ebenfalls unter den Entgeltbegriff des § 14 MuschG. Sie sind nach Rechtsprechung des BAG weiter zu gewähren und nicht in Geld umzurechnen. Können Sie von der schwangeren ZFA nicht weiter genutzt werden, sind solche Sachleistungen in Entgelt umzurechnen und entsprechend zu berücksichtigen.
Aufwendungsersatz und Leistungen, anlässlich der tatsächlichen Arbeit wie Essenszuschüsse fallen nicht zum berücksichtigungsfähigen Entgelt. Das gleiche gilt für einmalige Gratifikationen oder auch Treueprämien und Vergütungen für Verbesserungsvorschläge et cetera.
Ein regelmäßig gezahltes Urlaubs- oder Weihnachtsgeld ist hingegen wieder zu berücksichtigen und steht der Schwangeren zu.
Natürlich gibt es noch viele weitere Vergütungsbestandteile, die je nach Ausrichtung hinzugezogen oder weggelassen werden müssen. Eine abschließende Aufzählung und deren Berücksichtigungsfähigkeit kann hier leider nicht erbracht werden. Sie haben Fragen dazu? Ihr Steuerberater hilft Ihnen gerne.
/// Was bekommen Sie von der Krankenkasse zurückerstattet?
Als Arbeitgeber zahlen Sie jeden Monat Beiträge zur sog. Umlage U2 an die Krankenkassen Ihrer Angestellten.
Dank dieser Beiträge haben Sie einen Anspruch auf 100%-ige Erstattung des vollen Entgelts, das während des Beschäftigungsverbots an die schwangere Mitarbeiterin gezahlt wird. Zusätzlich bekommen Sie die darauf entfallenden Arbeitgeberanteile zur Sozialversicherung gutgeschrieben. Es gibt allerdings auch Einschränkungen. Für steuer- und sozialversicherungsfreie Gehaltsbestandteile, wie z. B. die 44-Euro-Gutscheine gibt es regelmäßig keine Erstattungen.
Es ist auch nicht so, dass Sie immer 100% der Arbeitgeberanteile zur Sozialversicherung gutgeschrieben bekommen. So erstatten viele Kassen pauschal 20% des fortgezahlten Entgelts anstelle der tatsächlichen Beiträge. Diese Pauschalmethode ist aber häufig zu Gunsten des Arbeit gebenden Zahnarztes.
Den Antrag auf Erstattung der Arbeitgeberaufwendungen bei Mutterschaft stellt in der Regel Ihr Steuerberater beim Anfertigen der Lohnabrechnungen. Der Antrag wird elektronisch an die Krankenkasse übermittelt und der Erstattungsbetrag wird im Anschluss von der Krankenkasse gutgeschrieben.
/// Was passiert mit dem Urlaubsanspruch?
Auch während des Beschäftigungsverbots entstehen für die schwangere Angestellte Urlaubsansprüche. § 17 MuschG regelt, dass die Ausfallzeiten während des Beschäftigungsverbots und während des späteren Mutterschutzes als Beschäftigungszeit gelten. Eine Kürzung des Anspruchs wegen Abwesenheit der ZFA ist nicht möglich. Erst ab Eintritt der Elternzeit entsteht kein Urlaubsanspruch mehr.
/// FAZIT
Das Beschäftigungsverbot trifft die Praxen meist unvorbereitet. Von jetzt auf gleich fällt ein Arbeitnehmer vollständig aus. Ersatz zu finden ist meist schwer, zumal häufig nicht klar ist, ob die ZFA wieder zurückkommt. Da ist es wichtig zu wissen, was zu tun ist und wie die Abläufe sind. Es ist gut zu wissen, wie hoch das fortzuzahlende Entgelt ist und wie die Erstattung ausfällt. Dass der 100%-ige U2-Erstattungssatz für die Sozialversicherung häufig nur mit einer Pauschale berechnet wird und steuerfrei weiterzugewährende Bezüge meist nicht berücksichtigungsfähig sind, ist häufig unbekannt.
Wir haben hier versucht, einen kleinen Einblick in einen umfassenden Themenbereich zu geben. Natürlich gelten die Regelungen grundsätzlich auch für andere Beschäftigungsgruppen. Zögern Sie nicht mit Fragen an Ihren Steuerberater oder Rechtsanwalt.
– AUTOR
Dipl.-Kfm. (FH), Dipl.-Wirt.-Jur. (FH) Robert Sebastian Koch
– KONTAKT
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