Die Werbung mit „perfekten Zähnen“ sowie auch die Angabe „Und bald werden Sie auf Fotos deutlich schöner Lächeln“ sind Behandlungsversprechen, welche den Eindruck erwecken, dass ein Erfolg mit Sicherheit zu erwarten ist. Solche Erfolgsversprechen verstoßen gegen das Heilmittelwerberecht und sind daher unzulässig. Dies hat das Oberlandesgericht Frankfurt am Main mit Urteil vom 27.02.2020 (Az.: 6 U 219/19) entschieden.
Jennifer Jessie
/// Streit zwischen Kieferorthopäden wegen Werbeaussagen
In dem konkreten Fall stritten zwei Kieferorthopäden über die Frage, ob die von der Antragsgegnerin getroffenen Werbeaussaugen für ein Zahnschienensystem auf ihrer Homepage zulässig ist. Konkret ging es um folgende Aussagen:
„I. ist eine kostengünstige individuelle Zahnspange für Leute, die wenig Zeit haben und trotzdem perfekte Zähne haben möchten. Sie sehen sofort beim ersten Termin, welche Ergebnisse Sie innerhalb von 6 Monaten erreichen können.“
„Bei I. erhält man vierzehn Schienen für jeden Kiefer, die man jeweils 2 Wochen trägt, jede Schiene ist anders und verändert Ihre Zähne Schritt für Schritt … Und bald werden Sie auf Fotos deutlich schöner Lächeln“
Nachdem das Landgericht im Eilverfahren noch ablehnend entschied und keinen Wettbewerbsverstoß sah, verhalf die Berufung vor dem Oberlandesgericht (OLG) dem Antragssteller noch zum Recht.
/// OLG: Aussage erweckt falschen Eindruck eines sicheren Erfolg
Anders als das Landgericht sah das OLG in der Angabe „perfekte Zähne“ nicht nur ein rein subjektives Werturteil und auch nicht nur eine reklamehafte Übertreibung. Nach Ansicht des OLG hat die werbende Kieferorthopädin durch die streitgegenständlichen Aussagen vielmehr gegen § 3 S. 1 Nr. 2a HWG verstoßen, weil sie damit fälschlich den Eindruck erweckt, dass ein Erfolg mit Sicherheit erwartet werden könne. Das Gericht führte u.a. aus:
„Hinter der Regelung in § 3 S. 1 Nr. 2a) HWG steht der Gedanke, dass es aufgrund individueller Dispositionen beim einzelnen Patienten und variierenden Erscheinungsformen von Krankheiten stets zu einem Therapieversagen kommen kann (BVerwG NJW 1994, 2433,2435), mit dem eine Erfolgsgarantie unvereinbar ist (Dieners/Reese PharmaR-HdB/Reese/Holtorf Rn. 165 mwN). Nach dem Gesetzeswortlaut ist an sich nicht das Versprechen eines Erfolgs, sondern das Hervorrufen des Eindrucks, dieser sei sicher, unzulässig.“
Auch bei der Angabe, dass ´bald ein deutlich schöneres Lächeln´ zu erwarten ist, handelt es sich um ein unzulässiges Versprechen mit einem sicheren Erfolg.
Das Gericht betonte, dass bei Werbemaßnahmen und Internetauftritten von Ärzten eine andere Verkehrserwartung als bei Werbemaßnahmen „normaler“ Unternehmer bestehe:
„Der Verbraucher bringt Ärzten aufgrund ihres Heilauftrags ein besonderes Vertrauen entgegen und geht daher von einer gewissen Objektivität und Zurückhaltung bei Werbeangaben aus. Er misst ihren Angaben eine gewisse Autorität zu und ist daher weniger geeignet, von einer bloßen reklamehaften Übertreibung auszugehen. Er nimmt die Angaben im Zweifel ernst.“
/// Praxistipp
Auch wenn Zahnärzte und Ärzte von den von ihnen verwendeten Behandlungsmethoden und Medizinprodukten zu Recht überzeugt sind, sollten sie entsprechende Werbeaussagen vorab kritisch auf den Prüfstand stellen und hierzu anwaltlichen Rat einholen. Denn Ärzte genießen ein ganz besonderes Vertrauen in der Bevölkerung. Aus Gründen des Patientenschutzes sind Werbeaussagen von Ärzten daher kritischer zu betrachten, als Werbeaussagen von anderen Unternehmen. Zweifelhafte Werbeaussagen von Ärzten können anderenfalls schnell in teuren Abmahnungen und Gerichtsverfahren münden sowie möglicherweise auch berufsrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen.
– AUTORIN
Jennifer Jessie
Rechtsanwältin
– KONTAKT
Lyck + Pätzold healthcare.recht
Nehringstraße 2
61352 Bad Homburg
Telefon: 06172/13 99 60
Telefax: 06172/13 99 66
E-Mail: kanzlei@medizinanwaelte.de
Internet: www.medizinanwaelte.de