Teilzeitbeschäftigungen in der Zahnartpraxis

Viele Zahnarztpraxen beschäftigen Ihre Helferinnen sowohl in Vollzeit als auch in Teilzeit. Sei es um längere Öffnungszeiten abzudecken oder einer Mitarbeiterin den Wiedereinstieg z.B. nach einer Schwangerschaft zu ermöglichen und sie durch Herabsetzung ihrer Stunden an die Praxis zu binden.

Teilzeitbeschäftigungen werden meist als Minijob (Monatsgehalt bis 450,00 €), als Midijob (Monatsgehalt von 450,01 € bis 850,00 €) oder als normales Beschäftigungsverhältnis (Monatsgehalt ab 850,01 €) ausgeübt. Den Midijob bezeichnet man auch als Gleitzonenbeschäftigung. Da dieser Themenbereich sehr umfassend ist, können wir hier nur einen Auszug zum Einstieg in das Thema wiedergeben. In zwei noch folgenden Artikeln wollen wir auf weitere Vorteile und Möglichkeiten von Teilzeitbeschäftigungen eingehen.

Robert Sebastian Koch

 

/// Die Gleitzone (§ 20 (2) SGB IV)

In der Gleitzone zahlen Angestellte proportional weniger Sozialabgaben als Arbeitgeber. Ziel ist ein höherer Auszahlungsbetrag.

Interessant ist, dass ab einer regelmäßigen Monatsvergütung von 450,01 € eine eigene Krankenversicherungspflicht (§ 5 (1) SGB V) entsteht. Die in den Versicherungszweigen der Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung geltenden Regeln werden angewendet. Der Arbeitnehmer muss sich selber gesetzlich krankenversichern. Eine Familienversicherung über den Ehegatten oder eine Privatversicherung greifen grundsätzlich nicht mehr. Hier bieten sich auch Möglichkeiten, z.B. ohnehin mitarbeitende Familienangehörige aus teuren Privatversicherungen zu lösen.

Es gibt aber auch Einschränkungen. Die Gleitzone kann bspw. nicht für Auszubildende angewendet werden[1].

 

  1. Versicherungsrechtliche Einstufung

Zu Beginn der Beschäftigung erfolgt die versicherungsrechtliche Einstufung des Arbeitnehmers durch den Zahnarzt bzw. seinen Steuerberater. Dabei wird die Monatsvergütung, z.B. 800 €, aber auch Einmalzahlungen, wie Weihnachtsgeld[2], beispielsweise in Höhe von 400 € herangezogen und auf das jeweils Jahr hochgerechnet ((800 € x 12 Monate = 9.600 € + 400 € = 10.000 €): 12 = 833,34 € im Durchschnitt). Ergebnis: Die Gleitzonenregelung wird angewendet.

Startet der gleiche Mitarbeiter zum 01.07. des Jahres sieht das Ergebnis anders aus: (800 € x 6 Monate = 4.800 € + 400 € = 5.200 €): 6 Monate im Beschäftigungsjahr = 866,67 € im Durchschnitt. Ergebnis: Keine Gleitzone im Erstjahr. Im Folgejahr hingegen schon, weil der Durchschnittsverdienst dann wieder unterhalb von 850 € liegt.

 

  1. Wie funktioniert die Gleitzone?

Bei einer „normalen“ Beschäftigung beträgt der Arbeitnehmeranteil zur Sozialversicherung rund 20% der Monatsvergütung. Dazu zahlt der Zahnarzt nochmal 19,33% als Arbeitgeberanteil.[3]

Bei einem Verdienst von 450,01 €, also innerhalb der Gleitzone, liegt der Arbeitnehmeranteil gerade mal bei rund 11% der Monatsvergütung. Der Anteil steigt, je näher sich das Monatsentgelt Richtung 850,00 € bewegt. Bei 850,00 € liegt der Arbeitnehmeranteil wieder im Normalbereich von rund 20%.

Dabei bleiben die Beitragssätze der Sozialversicherung identisch. Um trotzdem weniger Sozialabgaben zu zahlen, wird das Bruttogehalt zur Bemessung der Beiträge mittels einer in § 163 (10) SGB IV festgelegten Formel verringert.

Formel zur Gleitzone: Fx450+([850:(850-450)]-[450:(850-450)]xF)x(Arbeitsentgelt-450)

Der Faktor F wird jedes Jahr vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales bekanntgegeben und liegt für 2016 bei 0,7547.

 

Um das ganze etwas zu vereinfachen, ein Fallbeispiel:

Eine ZFA (32 J., ein Kind, Lohnsteuerklasse 1, keine Kirchensteuer, AOK-versichert) verdient monatlich 500 € brutto. Ihr Auszahlungsbetrag liegt bei 435,06 €.

Für Arbeitnehmer und Zahnarzt fallen insgesamt 161,57 € an Sozialabgaben für Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung an. Diese Beiträge werden zwischen Arbeitnehmer und Zahnarzt aufgeteilt. Allerdings werden der ZFA von Ihrem Gehalt nur rund 13% oder 64,94 € an Sozialabgaben abgezogen. Die Kosten des Zahnarztes bleiben proportional zu einer „normalen“ Beschäftigung gleich und belaufen sich auf 96,63 € bzw. 19,33% monatlich.

Für den Zahnarzt macht es zumindest prozentual gesehen keinen Unterschied ob er jemanden in der Gleitzone oder „normal“ beschäftigt.

 

  1. Rentenversicherungsbeiträge in der Gleitzone

Für die spätere Rentenhöhe der Arbeitnehmer sind die eingezahlten Beiträge maßgebend. Wurde das Bruttogehalt mit Hilfe der Gleitzonenformel rechnerisch herabgesetzt, geht das zu Lasten der Rentenanwartschaften. Soll die Rente später höher sein, kann der Arbeitnehmer schriftlich erklären, dass für die Beitragsberechnung in der Rentenversicherung das tatsächliche Arbeitsentgelt zu Grunde gelegt werden soll[4]. Dadurch verringert sich allerdings der laufende Auszahlungsbetrag.

 

/// Der Minijob (§ 8 (1) Nr. 1 SGB IV)

Mit diesem Beschäftigungskreis wird wohl jeder Selbständige irgendwann mal konfrontiert und sei es nur, um eine Reinigungskraft anzustellen. Der Minijob bietet den Beschäftigten den Vorteil, dass das was, sie mit Ihrem Chef brutto vereinbart haben auch netto ausgezahlt wird. Es sei denn, sie verzichten nicht auf die Beitragsbefreiung in der Rentenversicherung. Der Minijob ist unkompliziert und eine beliebte Möglichkeit, sich etwas hinzuzuverdienen. Minijobs können sowohl in der Zahnarztpraxis als auch im Privathaushalt abgerechnet werden. Wir behandeln hier aber nur die Zahnarztpraxis. Minijobs sind nicht sozialversicherungspflichtig. Sie begründen somit keine eigene Krankenversicherung. Minijobber sind z.B. über eine Familienversicherung (§ 10 SGB V) oder über eine „normale“ Hauptbeschäftigung krankenversichert.

  1. Befreiung von der Rentenversicherungspflicht gem. § 6 (1) SGB IV?

Anders als bei der Gleitzone, wo ein Antrag auf höhere Beiträge gestellt werden muss, müssen Minijobber sich von der Beitragszahlung befreien lassen. Machen sie das nicht, führt der Arbeitgeber 3,7% des Gehaltes an die Minijobzentrale ab (auf den Mindestbeitrag wird aus Vereinfachungsgründen nicht eingegangen). Bei einem Verdienst von 450,00 € werden 16,65 € einbehalten. Für diese 16,65 € erwirbt der Arbeitnehmer vollwertige Pflichtbeitragszeiten in der Rentenversicherung. Hat der Arbeitnehmer z.B. noch nicht alle Mindestversicherungszeiten erfüllt, kann der Minijob so helfen. Weitere Vorteile ergeben sich z.B. aus einem früheren Rentenbeginn oder der staatlichen Förderung für die private Altersvorsorge mit Riesterprodukten für den Minijobber aber auch für den Ehegatten!

 

  1. Versicherungsrechtliche Einstufung (§ 8 (2) SGB IV)

Häufig kommt es vor, dass Arbeitnehmer mehrere Minijobs nebeneinander ausüben. Das ist grundsätzlich auch in Ordnung, solange man insgesamt nicht mehr als 450 € verdient. Beachten Sie aber, dass neben einer Hauptbeschäftigung nur ein Minijob ausgeübt werden darf!

Problematisch ist es, wenn jemand z.B. 2 Minijobs (ohne Hauptbeschäftigung) ausübt und insgesamt mit beiden Minijobs zusammen die 450 €-Grenze überschreitet. Dann werden beide Anstellungen sozialversicherungspflichtig und sind für die Beitragsbemessung zusammenzurechnen.

 

  1. Aufzeichnungspflichten (§ 17 MiLoG)

Ab dem 01.01.2015 gibt es den branchenunabhängigen Mindestlohn von 8,50 €/ Stunde. Damit dessen Einhaltung überprüft werden kann, sind bestimmte Aufzeichnungspflichten zu erfüllen. Dabei müssen Beginn und Ende sowie die Dauer der täglichen Arbeitszeit von allen Minijobbern zeitnah aufgezeichnet werden. Einzig Ehegatten, eingetragene Lebenspartner sowie Kinder und Eltern des Zahnarztes brauchen ab 08/2015 keine Aufzeichnungen mehr zu machen.

 

  1. Was kostet ein Minijob?

Fallbeispiel: Eine Reinigungskraft erhält monatlich 450 €. Sie hat auf die Rentenversicherungspflicht verzichtet und bekommt somit 450 € ausbezahlt. Für den Zahnarzt entstehen folgende Kosten: Gehalt: 450 €; pauschale Kranken- und Rentenversicherungsbeiträge sowie pauschale Lohnsteuer = 30,00% = 135 €. Hinzu kommen noch 1,3% Beiträge zur Umlage 1 und 2 sowie 0,12% Insolvenzgeldumlage = 6,39 €. Auf den Gesamtverdienst der Reinigungskraft muss der Arbeitgeber somit nochmals 31,42% an Beiträgen abführen.

 

/// Fazit

Die Gleitzonenbeschäftigung und der Minijob bieten gute Möglichkeiten, den Praxisalltag flexibel zu gestalten und den Mitarbeitern immer noch einen (finanziellen) Anreiz zum Arbeiten bei kalkulierbaren Kosten zu ermöglichen. Fragen Sie Ihren Steuerberater!

 

Das Thema des zweiten Teils der Serie werden die Möglichkeiten der Gleitzone bei der Beschäftigung von Familienangehörigen im dental:spiegel vom 16. September sein.

 


AUTOR

Dipl.-Kfm. (FH), Dipl.-Wirt.-Jur. (FH) Robert Sebastian Koch, Steuerberater


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[1] Vgl. BSG vom 15.07.2009, Az.: B 12 KR 14/08

[2] Vgl. analog BSG vom 20.02.1984 – 12RK 21/83 -, USK 8401

[3] Vgl. § 168 (1) Nr. 1d SGB VI

[4] vgl. § 163 (10) S. 6 ff. SGB IV