Bei Aufwendungen für Sach- und Dienstleistungen im Ausland können sich Unternehmen die Umsatzsteuer dort in vielen Fällen zurückholen. Verantwortliche im Rechnungswesen sollten die strengen Vorgaben genau einhalten und eine wichtige Neuerung kennen.
Mit der fortschreitenden Globalisierung werden immer mehr Firmen im Ausland aktiv. In steuerlicher Hinsicht müssen Geschäftsleute dabei einige Besonderheiten beachten. So können sich etwa umsatzsteuerpflichtige Unternehmen die Vorsteuer aus Rechnungen ausländischer Geschäftspartner nicht einfach im Rahmen der Umsatzsteuer-Voranmeldung erstatten lassen. Sie haben aber die Möglichkeit, im EU-Ausland und in vielen Drittstaaten eine Rückzahlung zu beantragen. Die Crux: Von Fall zu Fall können die dafür geltenden Regelungen sehr unterschiedlich sein. Unternehmen sollten sich mit den Vorgaben des Erstattungsstaates eingehend vertraut machen. Schon bei kleinen Abweichungen kann der Anspruch auf Vergütung der Vorsteuer verloren gehen.
Innerhalb der Europäischen Union ist die Vorsteuervergütung durch die EU-Richtlinie 2008/9/EG geregelt. Sie besagt, dass Unternehmen ihren Erstattungsantrag mit allen erforderlichen Belegen ausschließlich per Datenfernübertragung in ihrem Heimatland einreichen müssen. Eine Übermittlung von Unterlagen per Post oder E-Mail ist nicht zulässig. In Deutschland stellt der Fiskus für die Beantragung ein Online-Plattform beim Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) zur Verfügung. Steuerzahler können hier oder alternativ über das Elster-Online-Portal ein für den Vorgang erforderliches Software-Zertifikat erwerben. Unternehmen müssen die gezahlte Umsatzsteuer für den betreffenden Vergütungszeitraum selbst berechnen und den Antrag bis zum 30. September des Folgejahres an das BZSt übermitteln. Dieses leitet korrekt gestellte Anträge innerhalb von 15 Tagen an den Erstattungsstaat weiter.
Voraussetzung ist, dass Firmen einen Nachweis der Unternehmereigenschaft und der Steuerpflicht vorlegen. Ein entsprechendes Dokument können sie bei ihrem Finanzamt beantragen. Die Finanzbeamten müssen dabei die Vorgaben eines aktuellen Schreibens des Bundesfinanzministeriums (BMF) einhalten (Az. III C 3 – S 7359/10/10002). Firmen sollten sicherheitshalber prüfen, ob die Bescheinigung dem BMF-Vordruckmuster genau entspricht. Andernfalls gilt der Antrag womöglich als nicht eingereicht. Verstreicht in der Folge die Einreichungsfrist, ist eine Vergütung nicht mehr möglich. Das Schreiben mit Vordruckmuster können Steuerzahler auf der Webseite des BMF herunterladen.
Ob Unternehmen überhaupt einen Vergütungsantrag stellen können, hängt vom Umsatzsteuervolumen ab. Der Erstattungsbetrag darf 50 Euro nicht unterschreiten. Beträgt der Vergütungsbetrag mindestens 400 Euro, kann der Unternehmer auch einen Antrag für mindestens drei Monate stellen. Auch bei der Bearbeitung der Antragsformulare müssen Unternehmer einiges beachten. So muss EU-weit die Beschreibung der Geschäftstätigkeit gemäß EU-Verordnung 1893/2006/EG in Form eines vierstelligen Codes erfolgen. Halten sich Antragsteller nicht genau daran, droht eine Ablehnung der Vorsteuervergütung.
Ungleich länger ist die Liste der Vorgaben, die je nach EU-Staat variieren können. Die jeweiligen Länderspezifika gehen aus der sogenannten „Präferenzliste der EU-Mitgliedsstaaten“ hervor. Unternehmer können die Liste auf dem Internetportal des BZSt herunterladen. Sie gibt etwa Aufschluss darüber, ob Firmen bei der Warenbeschreibung einen Subcode laut EU-Richtlinie 2008/9/EG verwenden müssen oder nicht. Aus dem Dokument ist auch ersichtlich, ob und ab welchem Erstattungsbetrag dem Antrag ein Scan der Originalrechnungen beizufügen ist. Die Präferenzliste gibt auch Auskunft darüber, in welcher Sprache Firmen den Antrag stellen können und welche Vergütungszeiträume das jeweilige Land akzeptiert. Unternehmen sollten vor jedem Vorsteuer-Vergütungsantrag prüfen, ob eine neue Version der Präferenzliste existiert. Denn in den Vorgaben der Mitgliedsstaaten können sich aufgrund neuer Gesetze oder Urteile wichtige Details ändern.
Anders verhält es sich, wenn Firmen Geschäfte in Staaten außerhalb der EU machen. Nicht mit jedem Drittstaat besteht eine sogenannte „Gegenseitigkeitsvereinbarung“, die eine Vorsteuervergütung ermöglicht. Steuerzahler können sich auf dem Onlineportal des BZSt ein Verzeichnis der Länder herunterladen, die eine Vergütung erlauben. Dazu zählen etwa die USA, Norwegen und die Schweiz. Unternehmen müssen in solchen Fällen die Erstattung bis zum 30. Juni des Folgejahres – meist in Papierform – direkt im Erstattungsstaat beantragen. Eine Liste der jeweils zuständigen Behörden sowie Antragsformulare finden Steuerzahler ebenfalls auf der Website des BZSt. Grundsätzlich gilt bei allen Antragstellungen innerhalb der Europäischen Union und im EU-Ausland: Unternehmer sollten immer genau auf die Vollständigkeit der eingereichten Unterlagen achten. Fehlende Seiten von Rechnungen oder Anlagen können sie in der Regel nicht mehr nachreichen.
AUTORIN
Jennifer Telle
Steuerberaterin
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