Ärger, Stress und Streit in einer Erbengemeinschaft

 

Erbengemeinschaften, also mehrere Erben oder Erbinnen, die gemeinschaftlich dieselbe Person nach ihrem Tode beerben, entstehen in der Regel dann, wenn der oder die Verstorbene kein rechtswirksames Testament hinterlassen hat.

 

Dabei gilt grundsätzlich: Je mehr Vermögen und je mehr Personen in der Erbengemeinschaft, gegebenenfalls noch aus einer weitläufigeren Verwandtschaft, desto größer der Stress und Streit.

 

/// Ein typischer Fall könnte so aussehen

Die vermögende, alleinstehende Tante ohne eigene Kinder verstirbt plötzlich und unerwartet ohne ein Testament zu hinterlassen. Ihre Vermögen beläuft sich auf etwa 1,5 Mio. Euro in Grundeigentum und Barvermögen. In diesem Fall wird die Verstorbenen nach §1925 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) nach der gesetzlichen Erbfolge in der sog. II. Ordnung von ihren Eltern und deren Abkömmlingen (Geschwister der Verstorbenen, Neffen und Nichten, usw. der Verstorbenen) beerbt.

 

Die Eltern sind hier bereits vorverstorben sowie eine Schwester ist vorverstorben. Diese hat jedoch drei Kinder hinterlassen. Ferner leben noch ein Bruder und eine weitere Schwester. Die gesetzliche Erbfolge sieht in diesem Fall wie folgt aus: Der noch lebende Bruder und die noch lebende Schwester erhalten je ein Drittel der Erbschaft. Die drei Kinder der bereits vorverstorbenen Schwester je ein Neuntel!

 

Das ist dann eine typische Erbengemeinschaft, hier bestehend aus fünf Personen.

 

Eine Erbengemeinschaft ist eine so genannte „Gemeinschaft zur gesamten Hand“, das heißt, bis zur Erbauseinandersetzung ist der Nachlass gemeinschaftliches Vermögen aller hier beteiligten fünf Personen. Keiner der Erben kann für sich allein über einzelne Nachlassgegenstände verfügen – stattdessen müssen sich diese fünf Personen einigen wie das Erbe nun verteilt werden soll.

 

Zwar sind die Miterben in der Gestaltung der Erbauseinandersetzung frei. So ist es z. B. möglich, einem der Erben etwaigen Grundbesitz zu Alleineigentum zu übertragen, während andere Miterben das Barvermögen oder sonstigen Nachlass erhalten. Bei Wertverschiebungen ist es auch möglich, dass ein Miterbe an die anderen Miterben Ausgleichszahlungen dafür entrichtet, dass er einen größeren Vermögensgegenstand aus der Erbmasse erhält. Da hier zum Nachlass Grundbesitz gehört, ist ein entsprechender (Auseinandersetzungs-)Vertrag allerdings vor einem Notar zu schließen.

 

Es reicht in diesem Fall, dass – wie so häufig – nur einer der Miterben nicht mitspielt. In diesem Fall bleibt dann oft nichts anderes übrig als zunächst das Nachlassgericht zu bitten die Teilung vermitteln. Kommt es dann auch hierbei nicht zu einer Einigung unter den Miterben, bleibt nur noch der Prozessweg offen. Ein Miterbe kann einen Teilungsplan aufstellen und die übrigen Miterben auf Durchführung der Teilung verklagen.

 

Da es auf der Hand liegt, dass sich derartige Verfahren oft jahrelang hinziehen, kann an dieser Stelle nur nochmals die Mahnung ausgesprochen werden, den Erben durch Errichtung eines klaren und rechtlich einwandfreien Testamentes derartigen Streit und Mühen zu ersparen, zumal gerade Grundbesitz in einem solchen Fall erstmal in die Teilungsversteigerung geht und dort dann möglicherweise  deutlich weniger erlöst wird als vorher erhofft.

 

Streit bei der Erbauseinandersetzung lässt sich meist durch Einsetzung eines Testamentsvollstreckers verhindern.

 

In dem geschilderten Fall hätte es sich angeboten, im Testament Testamentsvollstreckung anzuordnen und den Testamentsvollstrecker mit der Erbauseinandersetzung zu beauftragen.

 

Es empfiehlt sich daher gerade bei kinderlosen Personen dringend, dies zu beachten sowie gegebenenfalls rechtzeitig rechtlichen und steuerlichen Rat zur Testamentserrichtung einzuholen.

 

– AUTOR
Michael Henn
Rechtsanwalt, Fachanwalt für Erb- und Arbeitsrecht

 

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