Die Wüste im Mund – messbar und behandelbar!

Der Begriff Mundtrockenheit wird in der Literatur oft mit einer Xerostomie und oder Hyposalivation beziehungsweise Oliogosalie gleichgesetzt, das ist aber so nicht ganz richtig.

Heike Wilken

Die Xerostomie beschreibt das subjektive Empfinden einer Mundtrockenheit. Bei der Hyposalivation ist die Speichelproduktion eingeschränkt und bei der Oligosalie ist der Speichelfluss vermindert. Allerdings ist in der Speicheldiagnostik gerade eine solche Differenzierung sehr wichtig, denn nicht alle Xerostomie Patienten weisen einen verminderten Speichelfluss auf. Bei klinischen Hinweisen auf eine reduzierte Menge und Qualität des Speichels kann es hilfreich sein, die Speichelfließraten und Pufferkapazität zu messen, um den Patienten individueller begleiten zu können.

/// Wie werden diese Tests durchgeführt und was ist dabei zu beachten?

Zur grundlegenden Speicheldiagnostik gehört die Evaluation des Hydrationsgrads, der Speichelfließraten (Sialometrie), des PH – Wertes und die Pufferkapazität des Speichels. Da der Speichelfluss durch unseren Biorhythmus aber auch durch vorangegangene Stimulationen der Speichelsekretion und der Körperposition beeinflusst wird, ist ein standardisierte Vorgehensweise empfehlenswert. Die Messung sollte immer vormittags zwischen 08:00 Uhr und 11:00 Uhr stattfinden. Für den Patienten ist 90 Minuten vor dem Termin folgendes zu beachten. Der Patient sollte nichts essen und trinken. Es sollte auf das Rauchen verzichten und Mundhygienemaßnahmen sollten vorher nicht durchgeführt werden.

/// Checkliste für Speicheldiagnostik

  • Zahnärztliches Grundbesteck,
  • Stoppuhr,
  • Watterollen,
  • Präzisionswaage zur exakten Bestimmung der Speichelmenge,
  • Messbecher,
  • Röhrchen,
  • Paraffinkaugummi
  • Pipetten,
  • Teststreifen zur Bestimmung des PH Wertes und der Pufferkapazität.

Zu Beginn ist es wichtig, die Hydration des Patienten zu überprüfen. Eine Dehydration durch eine zum Beispiel zu geringen Wasseraufnahme kann das Testergebnis negativ beeinflussen. Die Überprüfung erfolgt visuell und wird anhand der Speichelsekretion an den kleinen Speicheldrüsen der Unterlippe bestimmt. Dazu wird die Unterlippe abgehoben und mit einer Watterolle trocken getupft. Bei einem normalen Hydrationsgrad dauert die Neubildung der Speicheltröpfchen an den Ausführungsgängen ca. 60 Sekunden. Ist der Drüsenbereich nach 60 Sekunden immer noch trocken, so stellt es ein Indiz für eine Dehydration da.

Als nächstes wird die Speichelviskosität überprüft. Dies ist wichtig, denn nicht alle Patienten mit Xerostomie weisen auch eine Hyposalivation bzw. Oligosalie auf. In solchen Fällen sind häufig Veränderungen in der Speichelzusammensetzung zu beobachten, die unmittelbare Auswirkungen auf die Speichelviskosität haben.

klarer Speichelsee → normale Viskosität                                                                                

seifiger, blasiger Speichel → erhöhte Viskosität                                                                 

schaumig-klebriger Speichel → stark erhöhte Viskosität

Danach erfolgt die Sialometrie. Ob stimuliert oder umstimulierter Speichel verwendet werden soll, wird kontrovers diskutiert. Während der unstimulierte Speichel unsere Mundhöhle fast den ganzen Tag mit einem Feuchtigkeitsfilm benetzt, wird der stimulierte Speichel nur ein bis zwei Stunden pro Tag von den Drüsen gebildet. Daher ist es immer empfehlenswert, beide Parameter zu erheben. Sinnvoll ist es, zuerst die unstimulierte und dann die stimulierte Speichelfließrate zu bestimmen. Die Messung wird in sitzender Position mit nach vorne gebeugtem Kopf durchgeführt.

  • Unstimulierte Speichelfließrate:

Vor Beginn der Messung soll der Patient den noch im Mund befindlichen Speichel schlucken oder ausspucken. Während der Messung sollten schlucken, sprechen oder sonstige körperliche Bewegungen vermieden werden. Der Patient kann den Speichel in einem Zeitabstand von einer Minute direkt in den Messbecher spucken. Es wird sowohl beim stimulierten Speichel bzw. unstimulierten Speichel eine Messdauer von 5 Minuten empfohlen. Um genaue Messwerte zu erzielen ist es empfehlenswert eine Präzisionswaage zu verwenden. Dabei spricht ein Gramm einem Milliliter.

  • Stimulierte Speichelfießrate:

Die stimulierte Speichelfließrate erfolgt mit einem Kaugummi aus Parafinwachs, der vor der Messung 1-2 Minuten einmal pro Sekunde gekaut wird. Auch hier sollte der Patient vor Beginn der Messung den noch im Mund befindlicher Speichel schlucken oder ausspucken. Der Paraffin Kaugummi bleibt im Mund und wird während der Messung weiterhin einmal pro Sekunde gekaut. Zur Auswertung der Speichelmengen verwenden wir die Grenzwerte von Ericsson und Hardwick.

Unstimulierter Speichelfluss:

Sehr niedrig < 0,1 ml/Min                    niedrig 0,1 -0,25 ml/Min          normal 0,25 -0,35 ml/Min

Stimulierter Speichelfluss

Sehr niedrig < 0,75 ml/Min                  niedrig 0,7 – 0,9 ml/Min           normal 1-3 ml/Min

  • Bestimmung des PH Wert:

Die Bestimmung des PH Wertes erfolgt mit der unstimulierten Speichelmenge. Dazu wird der Teststreifen in den Messbecher mit der Speichelprobe eingetaucht. Der Farbumschlag kann dann mit dem des Herstellers verglichen werden. Bei einer Normsalivation befindet sich der ph Wert in einem Bereich von 6,5 – 6,9.

  • Pufferkapazität:

Um das Kariesrisiko beurteilen zu können, erfolgt die Bestimmung der Pufferkapazität. Diese beschreibt die Stabilität des PH Wertes nach dem Essen und Trinken und wird idealerweise mit dem stimulierten Speichel gemessen. Dabei spielen Bicarbonat, Phosphat und weitere Proteine eine wichtige Rolle. Gerade bei der Hyposalivation bzw. Oligosalie wird weniger Bicarbonat freigesetzt. Dies führt unweigerlich zu einer Senkung des PH Wertes und führt somit zu einer verminderten Pufferkapazität. Für die Messung wird der Speichel mit der Pipette auf den Teststreifen gegeben. Nach wenigen Minuten kann dieser ausgewertet werden. Die Pufferkapazität befindet sich in einer Normbereich zwischen 5,75 und 6,50ml/L.

/// Fazit

Bei einer bestehenden Mundtrockenheit ist es wichtig, nach der Ursache zu forschen. Ist jedoch die Ursache unbekannt, so kann, sofern die großen Speicheldrüsen eine Restaktivität aufweisen, eine Stimulation des Speichelproduktion durch Xylitol- haltige Produkte erfolgen. Produkte der Firmen Miradent Aquamed oder Sunstar GUM Hydral haben sich da bewährt, da sie von Patienten als sehr angenehm empfunden werden. Falls diese Maßnahmen unzureichend sind, sollten Speichelersatzmittel im Sinne einer symptomatischen Therapie zum Einsatz kommen. Die stark unterschiedliche subjektive Wahrnehmung sowie die Mundtrockenheit sorgen letztendlich dafür, das Behandlungskonzept ganz individuell anzupassen. Im Rahmen der Unterstützenden Parodontitis Therapie spielen Maßnahmen wie engmaschige Recallintervalle, Fluoridanwendung und Ernährungsberatung eine zentrale Rolle, um unsere Patienten individuell begleiten zu können.

– AUTORIN
Heike Wilken, Dentalhygienikerin

– KONTAKT
Deutsche Gesellschaft für Dentalhygienikerinnen (DGDH) e.V.
Fasanenweg 14
48249 Dülmen
Internet: www.dgdh.de