Kassenführung in der Praxis

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Wie funktioniert eine Barkasse in der eigenen Praxis eigentlich genau? Auf was muss geachtet werden?
Elena Frietsch , Christian Erbacher

Wer sich für das Führen einer Barkasse in seiner Praxis entscheidet, sollte über die rechtlichen Anforderungen Bescheid wissen. Denn: Bei einer Betriebsprüfung ist die Kassenbuchführung ein beliebter Prüfungspunkt, der im Zweifel zu Hinzuschätzungen von Bareinnahmen – und somit zu einer höheren Steuerlast – führen kann.

/// Papier vs. digital
Bei der Kassenführung kann der Praxisinhaber zwischen Aufzeichnungen in Papierform und elektronischen Aufzeichnungssystemen wählen. Für beide Arten der Kassenführung besteht die Pflicht zur Einzelaufzeichnung – d.h. mit jedem Geschäftsvorfall müssen Leistung, Leistungsempfänger, Preis und Umsatzsteuer schriftlich festgehalten werden.

/// Die offene Ladenkasse
Als offene Ladenkasse wird die Aufzeichnung von Bareinnahmen und -ausgaben ohne technische Hilfsmittel bezeichnet. Entscheidet sich der Praxisinhaber für eine offene Ladenkasse, müssen die Aufzeichnungen in Papierform chronologisch zu jedem Geschäftsvorfall geführt werden. Dabei müssen die Beträge aus den jeweiligen Belegen mit den Beträgen im Kassenbuch übereinstimmen und durch Belegnummern unmissverständlich zugeordnet werden können. Abschließend sind die Belege dem Kassenbuch als Anlage beizufügen.
Die Aufzeichnungspflicht gilt sowohl bei Ein- und Ausgangsrechnungen als auch bei Einlagen und Entnahmen in bzw. aus dem Kassenbestand.

• Achtung: Die Aufzeichnung der Geschäftsvorfälle bei einer offenen Ladekasse kann nicht digital, z.B. mithilfe der Office-Programme erfolgen. Rechtlich darf keine Möglichkeit bestehen, die Aufzeichnungen in einer Weise zu verändern, dass der ursprüngliche Inhalt nicht mehr erkennbar ist (Ordnungsvorschriften für die Buchführung und für Aufzeichnungen, § 146 Abs. 4 der Abgabenordnung – AO). Aus diesem Grund sind Tabellenkalkulationen oder andere Textverarbeitungsprogramme für die Kassenführung ausgeschlossen.

/// Elektronische Aufzeichnungssysteme
Als Alternative zur Aufzeichnung in Papierform können die baren Zahlungsvorgänge durch digitale Aufzeichnung erfasst werden. Durch die Erfassungs- und Abwicklungsmöglichkeit eines solchen elektronischen Aufzeichnungssystems werden alle erforderlichen Angaben automatisch festgehalten und müssen lediglich um Einlagen und Entnahmen manuell ergänzt werden. Eine Aufbewahrungsmöglichkeit für das zu verwaltende Bargeld (z.B. durch eine Kassenlade) muss hier nicht zwingend vorhanden sein.
Abzugrenzen von elektronischen Aufzeichnungssystemen mit Einzelaufzeichnung sind elektronische Kassenbücher, in der lediglich Tages- und Abschlusswerte erfasst werden können.

/// Erfordernis einer technischen Sicherheitseinrichtung
Am 22.12.2016 wurde durch § 146a AO eine Verpflichtung eingeführt, dass die Vollständigkeit von Kassenbuchführungen durch elektronische Aufzeichnungssystemen durch eine zertifizierte technische Sicherheitseinrichtung (kurz: zTSE) sichergestellt werden muss. Die Einführung dieser Regelung soll dem Schutz vor Manipulation an digitalen Grundaufzeichnungen dienen.
Auch bei Kassenmodulen von Praxissoftware ist diese Sicherheitseinrichtung erforderlich. Praxissoftwarehersteller wurden durch diese Regelung verpflichtet, bei ihren Kassenmodulen Leistung, Patient, Betrag und Umsatzsteuer über die TSE abzusichern.

(H)ELP TIPP
Dem Praxisinhaber sei deshalb geraten, das Vorliegen einer solchen zTSE bei der eigenen Praxissoftware zu überprüfen. Es sollten nur solche Kassenmodule zur Abrechnung aktiviert werden, die über eine TSE-Zertifizierung des BSI verfügen. Für die Zertifizierung der Abrechnungssoftware sind zwar die Softwarehersteller verantwortlich – im Rahmen einer Betriebsprüfung durch das Finanzamt kann das Nichtvorliegen der TSE-Zertifizierung allerdings dem Praxisinhaber durch Hinzuschätzungen zum Gewinn, also einer erhöhten Steuerlast, oder Bußgeldern bis zu 25.000 € angelastet werden.

/// Meldepflicht bei Nutzung von elektronischen Aufzeichnungssystemen
Praxisinhaber, die elektronische Aufzeichnungssysteme zur Erfassung einzelner Geschäftsvorfälle nutzen, sind nach Einführung des Gesetzes zum Schutz vor Manipulation an digitalen Grundaufzeichnungen nach § 146a Absatz 4 AO zur Mitteilung der Nutzung an das zuständige Finanzamt verpflichtet. Die Mitteilung nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck muss den Namen und die Steuernummer des Praxisinhabers, die Art des sTSE, die Anzahl, Art und Seriennummer des verwendeten elektronischen Aufzeichnungssystems sowie das Datum der Anschaffung enthalten. Gleiches gilt nach einer Außerbetriebnahme des Aufzeichnungssystems.
Die jeweilige Mitteilung ist innerhalb eines Monats nach Anschaffung bzw. Außerbetriebnahme zu erteilen.

Kassenführung in der Praxis
Eine allgemeine Registrierkassenpflicht wurde bewusst nicht eingeführt, da aus Sicht des Gesetzgebers das Kosten-Nutzen-Verhältnis insbesondere bei kleinen Betrieben oder Geschäftsumfeldern mit wenigen Barzahlungsvorgängen nicht gewährleistet ist.
Sofern kein umfassender Betrieb mit vielen Barumsätzen herrscht, sollten Praxisinhaber und Praxisteam Ihre Patienten strategisch zur Kartenzahlung motivieren. Sollte die Praxissoftware bisher nicht durch eine zertifizierte technische Sicherheitseinrichtung abgesichert sein, ist es ratsam das Kassenmodul zu deaktivieren und zu einer offenen Ladenkasse durch Einzelaufzeichnung in Papierform zu wechseln. Lassen Sie sich beraten!

– AUTOR
Christian Erbacher, LL.M.
Rechtsanwalt, Fachanwalt für Medizinrecht

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– AUTORIN
Elena Frietsch
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