Kinderprophylaxe mit Konzept und Kreativität

Mit kindgerechten Konzepten Entwicklungspotenziale der Praxis und der Mitarbeiter nutzen und entwickeln

Kinderprophylaxe mit Konzept und Kreativität

Ein Blick in Zahnarztpraxen zeigt, es gibt sie alle. Die Ängstlichen, die Verspielten, die Mutigen (an Mamas Hand), die Vorsichtigen und die Neugierigen.
Die Rede ist von den kleinen Helden, die wir auch Morgen noch als erwachsene Patienten in unserer Praxis regelmäßig begrüßen möchten.

Anja Osang

Natürlich kennen wir sie, die Kids, die den Mund nicht aufmachen, die vor Angst im wahrsten Sinne des Wortes erstarren, die ohne Mama zu nichts zu bewegen sind, bis hin zu Kindern, die lautstark ihren Protest äußern. Die Frage stellt sich nun, wie kann man für all diese verschiedenen, individuellen und meist auch lebensaltersabhängigen Verhaltensweisen ein Konzept erstellen, das einerseits in Richtung Erlebnisbesuch – der den Kindern Freude macht – und andererseits in Richtung risikoorientiertes Behandlungskonzept geht? Prophylaxeleistungen für Kinder sind im Allgemeinen durch die Individual-Prophylaxeleistungen der gesetzlichen Krankenkassen abgedeckt – aber reicht das wirklich für jeden? Frühe Karieserfahrung und ein hohes Kariesrisiko erfordern eine kürzere Recallfrequenz, um diese Kinder Mundgesund zu erhalten oder zu stabilisieren. Für manche Kinder sind also teilweise 4 Sitzungen notwendig – in diesen Fällen werden 2 Sitzungen privat nach GOZ mit den Eltern vereinbart. Spaß und Gelassenheit im Umgang mit Kindern, frühzeitige Aufklärung der Eltern und Kreativität der Praxis sind die Schlüssel für erfolgreiche Kinderprophylaxe.

 

/// Prophylaxe ist IMMER Team-Arbeit     
In der Praxis sollten wir uns zunächst auf unsere kleinen und größeren Patienten einstellen. Kinder sind lebhaft, benötigen eine andere Ansprache – das ganze Team ist gefordert, sich darauf einzustellen.    
Alles fängt mit der Sensibilisierung und Schulung aller Mitarbeiter an und hört mit der Einrichtung eines kindgerechten Behandlungszimmers noch lange nicht auf. In gemeinsamen Besprechungen muss im Team ein altersgerechtes und vor allem abwechslungsreiches Kinderprophylaxekonzept erarbeitet werden. Nur wenn jeder im Team das Konzept „trägt“, ist das Prophylaxekonzept erfolgreich. Alle im Team sind gefordert, die erarbeiteten Konzepte umzusetzen und die neue Philosophie zu leben.

 

/// Prophylaxe von Anfang an        
Prophylaxe fängt dabei nicht erst mit dem ersten Zähnchen, dem ersten Zahnarztbesuch oder mit 6 Jahren an, sondern bereits in der Schwangerschaft bei den schwangeren Patientinnen. Mit entsprechenden Beratungen und Empfehlungen sowie der Veranstaltung von Schwangerschafts- und Informationsabenden kann sehr frühzeitig mit der Vorsorge begonnen werden – konsequenterweise mit den werdenden Eltern. Dabei sind natürlich auch die werdenden Väter gefragt. Das heißt für die Zahnarztpraxis, über Serviceleistungen, wie spezielle Aktions-Tage, nachzudenken. Der Kreativität sind hier keine Grenzen gesetzt – im Herbst kann zum Beispiel eine Kürbisaktion gestartet werden: Die Kinder können aus kleinen Kürbissen lustige Kürbisgesichter basteln und in die Praxis bringen. So entsteht eine schöne Ausstellung und ganz nebenbei eine schöne Herbstdekoration. Ende Oktober können dann die schönsten und lustigen prämiert werden. Ähnliche Aktions-Tage kann man in ähnlicher Form zu Weihnachten oder Ostern anbieten. Weitere Aktivitäten können   Kinderprophylaxe-Tage, Besuche von Kindergärten oder vielleicht auch die Einrichtung eines Zahnputzclubs sein. Kinderprophylaxe ist in jeder Praxis ein schönes Projekt und lohnt sich, wenn Kinderzähne so gesund bleiben! Werden Sie kreativ für Ihre kleinen Patienten!

 

/// Kreativität fast ohne Grenzen, Zaubersäckchen und Co.        
Kinder sind wissbegierig und lernen schnell – wenn man einen Zugang zu Ihnen gefunden hat. Hierbei spielen die Mitarbeiter eine besonders wichtige Rolle. Ein gewisses Maß an Empathie und Kenntnisse über die Besonderheiten der verschiedenen Altersgruppen sind unverzichtbar.
Das Ziel ist es, die Kinder frühzeitig an die Prophylaxe und den Besuch beim Zahnarzt zu gewöhnen. Die angesprochene Neugier als natürliche Verhaltensweise lässt sich gut als kommunikativer Türöffner nutzen, um das „Eis zu brechen“. So kann man, neben der Intraoralkamera, auch mit einem kleinen Zaubersack, der individuell mit kleinen Überraschungen gefüllt ist, arbeiten. Mal kann er mit Muscheln, mal mit Zaubersteinen, mal mit Luftballons oder sonstigen kleinen Überraschungen gefüllt sein, die ertastet und erraten werden müssen. Eine Ablenkung von der ungewohnten Umgebung gelingt so fast immer und die Neugier, was sonst noch passiert, ist in der Regel geweckt. Auch Handpuppen gehören zur Ablenkung und Einstimmung in das kindgerechte Repertoire.

Eine weitere sinnvolle und entlastende Ergänzung stellt das Kinderkonzept des ParoStatus.de-Programms dar. Hierbei handelt es sich um ein computerunterstütztes Programm, welches ein professionelles Prophylaxekonzept in 4 Altersgruppen -Kleinkind, Kindergartenkind, Schulkind und Teenager- beinhaltet. Vom ersten Milchzahn bis zum Teenager werden die jungen Patienten dabei von Zahnritter Poldi, Zahnprinzessin Lilli und deren großer Bruder und Schwester als Leitfiguren begleitet und unterstützt. Ergänzend stehen kind- und altersgerechte Aufklärungsmaterialien zur Verfügung.            

/// Digitale Unterstützung  
Mit dem Programm ParoStatus.de (www.parostatus.de)steht ein System mit einem PA- und Prophylaxekonzept zur Verfügung, das alle Altersgruppen, vom Kleinkind bis zum Erwachsenen mit den jeweiligen spezifischen Besonderheiten abdeckt.

Das integrierte Kinderkonzept steht unter dem Motto „Neugier wecken, Gesundheit schützen“ und wurde in Zusammenarbeit mit erfahrenen Praktikern, Universitäten und führenden Fachgesellschaften entwickelt. Der Grundgedanke ist dabei, dass Kinderzähne besondere Pflege brauchen und Eltern professionelle Unterstützung benötigen. Der Schutz vor Krankheit – insbesondere vor Karies – und das Erlernen von Mundhygienemaßnahmen stehen dabei im Zentrum. In jeder der 4 Altersgruppen (0 bis 2, 3 bis 5, 6 bis 11 und 12 bis 17 Jahre) wird der individuelle Focus auf Schutz und Motivation gesetzt, der in entsprechende Auswertungen und Empfehlungen mündet. Dem Behandler obliegt anschließend die praktische Umsetzung im Rahmen der Beratung der Eltern und Behandlung der kleinen Patienten. Ein Vorteil ist die immer wiederkehrende Systematik. Wie in einem Kreislauf werden, entsprechend der Altersgruppe, bestimmte Parameter abgefragt. Die dokumentierten individuellen Ergebnisse werden vom Programm nach wissenschaftlichen Kriterien bewertet. Auf dieser Grundlage wird ein individuelles Erkrankungsrisiko errechnet. Alle Behandler arbeiten nach dem gleichen System in einer gleichartigen Struktur, die aber trotzdem Platz für individuelle Besonderheiten lässt. Für die Erhebung und Dokumentation der Daten ist keine zusätzliche Assistenz erforderlich. Die Befundeingabe erfolgt sehr komfortabel per Fußsteuerung – es ist sinnvoll, bei der Behandlung der kleinen Patienten die Hände frei zu haben. In den Prophylaxesystematiken der erwachsenen oder jugendlichen Patienten kann die Eingabe der Daten auch per Headset oder per Smartphone und iPad erfolgen. Insbesondere für Teenager ist die Patienten-App von Interesse, mit der auf dem Smartphone die eigenen Mundhygieneempfehlungen, Termine, Motivationshilfen etc. nachgelesen werden können. Praxen profitieren zudem von der einheitlichen Vorgehensweise, da ein Behandlerwechsel nicht zwangsläufig zu einer Änderung der Behandlung führt. Mitarbeiter erhalten eine Orientierung samt Formulierungshilfen für die verschiedenen Behandlungs- und Beratungssituationen.

/// Fazit
Die Demoskopen haben ihre Prognosen schon vor einiger Zeit auf den Tisch gelegt. Der Anteil älterer Bürger an der Gesamtbevölkerung wird bis 2050 stark anwachsen und mit entsprechenden Herausforderungen für die Zahnarztpraxen einhergehen.    
Aber auch bezüglich der hier beschriebenen Zielgruppe der Kinder und Teenager, scheint sich, was die Geburtenrate angeht, nach Einschätzung des Instituts für Wirtschaft (IWS), aktuell eine Trendumkehr zu ergeben.

Fest steht, Kinder sind die Patienten von Morgen. Um sie und ihre Eltern an die Praxis zu binden, ist der Aufbau einer vertrauensvollen und partnerschaftlichen Beziehung eine gute Grundlage. Zukunfts- und prophylaxeorientierten Zahnarztpraxen bietet sich hier die Möglichkeit weitere, auch wirtschaftlich interessante Entwicklungspotenziale zu erschließen bzw. zu optimieren. Für engagierte und motivierte Fachkräfte bieten sich interessante Spezialisierungsmöglichkeiten.

 

– AUTORIN

Anja Osang
Dentalhygienikerin           

– KONTAKT

Sylvia Fresmann

Deutsche Gesellschaft für Dentalhygienikerinnen e.V. Fasanenweg 14
48249 Dülmen
Telefax: 02590/94 65 30

E-Mail: Fresmann@dgdh.de