Mikronährstoffe in der Parodontal­therapie

Parodontitis ist eine entzündliche Erkrankung, von der ca. 1,1 Milliarden Menschen weltweit betroffen sind. Bei ihrer Entstehung spielt neben der Mundhygiene und dem Immunsystem sowohl die Ernährung als auch die Versorgung mit Mikronährstoffe eine wichtige Rolle.

Heike Wilken

Der Konsum von Fastfood und Fertigprodukten birgt allerdings das Risiko einer Unterversorgung mit diesen wichtigen Mikronährstoffen. Auch durch moderne Anbaumethoden und lange Transportwege sind Mikronährstoffe heute reduziert in Lebensmitteln vorhanden.

Daten der 5. Mundgesundheitsstudie zeigen, dass jeder zweite jüngere Erwachsene (52%) von Parodontitis betroffen ist. Unbehandelt kann eine Parodontitis dazu beitragen, dass sich Entzündungen nicht nur in der Mundhöhle, sondern auch im Körper ausbreiten können. Neben einer mangelnden Mundhygiene können auch andere Faktoren die Entstehung von Parodontitis beeinflussen. Dazu gehört vor allem das Rauchen, aber auch genetische Faktoren, Diabetes und die rheumatoide Arthritis.

/// Was sind Mikronährstoffe und wieso benötigt der Körper sie?

Zu den Mikronährstoffen zählen Vitamine, Mineralstoffe, Spurenelemente, die keine Energie liefern, aber eine wichtige Bedeutung für unseren Körper haben. Mikronährstoffe sind an vielen Reaktionen im Körper beteiligt. Sie haben wichtige Funktionen bei der Zellteilung und tragen zu einer normalen Funktion des Nervensystems und zu einem normalen Energiehaushalt bei. Somit übernehmen die Mikronährstoffe spezielle Aufgaben, was jedem einzelnen Nährstoff eine Wichtigkeit zu teil wird. Die Aufgabe eines Stoffes kann nicht von einem anderen übernommen werden.

Studien haben gezeigt das den aufgeführten Nährstoffen einen klaren Zusammenhang zwischen parodontalen Erkrankungen und der Ernährung nachweisbar sind.

 

/// Was ist für unsere Parodontitis Patienten wichtig?

  • Vitamin A

Vitamin A ist besonders wichtig für die Augenfunktion, die Schleimhäute und für die Infektabwehr. Ein Mangel an Vitamin A bewirkt eine Austrocknung der Mundschleimhäute, wodurch sich die entzündungsauslösenden Bakterien besonders gut vermehren können.

Täglicher Bedarf: Empfehlung der DGE: 0,8 mg für Frauen und 1 mg für Männer.

Lebensmittel: Möhren, Spinat, Kalbsleber, Fisch, Eigelb, Mango, Grapefruit, Petersilie, Sanddorn, Sprossen.

  • Vitamin C

Vitamin C ist ein wichtiges Antioxidans, es wirkt gegen Entzündungen und fördert die Wundheilung. Außerdem unterstützt Vitamin C das Immunsystem. In Studien konnte nachgewiesen werden, dass gut mit Vitamin C versorgte Personen seltener an Parodontitis erkranken als solche, die weniger davon zu sich nehmen. Allerdings kann der Körper einmalige Dosen in dieser Menge nicht aufnehmen. Aus diesem Grund ist es sinnvoll, die Gesamtmenge über den Tag auf mehrere Einzeldosen zu verteilen. Da Vitamin C ein wasserlösliches Vitamin ist, sollte es immer mit viel Wasser eingenommen werden.

Täglicher Bedarf: Empfehlung der DGE: 200 mg pro Tag / Erwachsener

Lebensmittel: Grünkohl, Spinat, Kichererbsen, Fenchel, Johannisbeeren, Sanddorn.

 

  • Vitamin D

Vitamin D ist vor allem als das Sonnenvitamin bekannt, da wir es in der Haut mithilfe von Sonnenlicht aus Cholesterin bilden können. Doch gerade, weil wir es selbst bilden können, handelt es sich bei Vitamin D gar um ein Vitamin, sondern vielmehr ein Hormon. Wissenschaftler haben in den vergangenen Jahren immer mehr Gemeinsamkeiten mit den Steroidhormonen, wie Östrogen, Gestagen, Testosteron oder Cortisol, festgestellt. Das Besondere an den Steroidhormonen ist, dass sie aus einem von Cholesterin abgeleiteten Steroid- Grundgerüst aufgebaut sind. Das verdeutlicht die wichtige Rolle des Cholesterins. Weiter ist das Vitamin D für seine Wirkung auf unsere Knochengesundheit und damit für seine präventive Wirkung gegen Osteoporose bekannt. Vitamin D steuert hier die aktive Aufnahme von Kalzium und Phosphat im Darm und damit den Kalzium- Spiegel im Blut. Dieser wird über einen Regulationsmechanismus sensibel eingestellt. Vitamin D ist für Kalzium- und Phosphatverwertung sowie für die Knochengesundheit unabdingbar. Vitamin D ist der Schlüssel, der Kalzium das Tor zum Knochen öffnet. Also, ist genügend Vitamin D vorhanden, kann der Knochen nach einer Parodontitis-Therapie wieder gut mit Mineralien, Kalzium und Phosphat, die mit Hilfe des Vitamin Ds aus dem Darm zur Verfügung stehen, gesättigt werden. Helfen wir unserem Körper sich selbst zu helfen – mit einem guten Biofilmmanagement und zusätzlichen Baustoffen. Eins der wichtigsten Steuerelemente ist dabei das Vitamin D. Wichtig ist hierbei das vor einer Parodontitis-Therapie der Vitamin-D-Wert bestimmt werden sollte. Jeder Patient sollte seinen Vita- min-D-Wert kennen. Dieser sollte mindestens einmal im Jahr kontrolliert und die Einnahme individuell angepasst werden. Der Vitamin-D-Gehalt kann im Blutserum bei uns in der Praxis in 15 Minuten durchgeführt und ausgewertet werden.  Ziel sollte ein Pendelbereich 70 bis 100 ng/ml Blut sein. Die Vitamin- D-Einnahme sollte jeden Tag erfolgen. Eine wöchentliche oder gar monatliche hohe Dosis sollte vermieden werden.

  • Vitamin E

Die häufigsten Vitamin E Formen werden auch Tocopherole genannt. Vitamin E hat die Funktion eines Antioxidans, das die Zellmembranen vor freien Radikalen schützt.  Es unterstützt die Zellerneuerung und ist daher in der Parodontitistherapie wichtig, da es einen positiven Effekt auf die Wundheilung nach subgingivaler Instrumentierung hat.

Täglicher Bedarf: Empfehlung der DGE: 12 – 15 mg Tocopherol bei Männern

12 mg bei Frauen

Lebensmittel: Mandeln, Olivenöl, Nüsse, Tofu, Vollkornprodukte, pflanzliche Öle.

 

  • Kalzium

Kalzium ist wichtig für den Knochen und die Zähne. Kalzium ist ein wichtiges Mineral, denn die Zahnhartsubstanz besteht aus Hydroxylapatit. Es ist für die De- und Remineralisation sehr wichtig.

Täglicher Bedarf: Empfehlung der DGE:1000mg Kalzium pro Tag

Lebensmittel: Milch, Sojabohnen, Spinat, Käse, Broccoli.

 

  • Zink

Zink ist eines der wichtigsten Spurenelemente. Es ist in unserem Körper bei unzähligem Protein und Enzymfunktionen beteiligt und ist wichtig für unser Immunsystem und für die Wundheilung. Zink wird in Zahnpasten und Mundspülungen hinzugefügt, um Mundgeruch und die Zahnsteinbildung zu reduzieren.

Täglicher Bedarf: Empfehlung der DGE: Erwachsene 10 -50 mg pro Tag

Lebensmittel: Sojabohnen, Walnüsse, Leber.

 

  • Selen

Selen ist ein mineralisches Antioxidans, das für die normale Funktion verschiedener Organ­systeme eine wichtige Bedeutung hat. Es besitzt anti­inflammatorische und antivirale Eigenschaften.  Außerdem hat Selenheilungsfördernden Effekte hauptsächlich in seinen antioxidativen Eigenschaften im Parodont.

Täglicher Bedarf: Die tägliche empfohlene Menge der DGE von Selen beträgt 40 µg für Erwachsene.

 

/// Fazit

Bei Patienten mit parodontalen Erkrankungen ist der Nährstoff und Energiebedarf erhöht. Wird die Ernährungsberatung schon in der Anfangsphase der Parodontitistherapie mit einbezogen, so hat es nicht nur Vorteile für die Allgemeingesundheit unserer Patienten, sondern sorgt auch für zufriedene Patienten. Langfristig empfiehlt sich immer kurze Interventionen mit in den Behandlungsablauf zu integrieren. Die Zeit ist in einem straffen Tagesablauf gut zu integrieren und Untersuchungen zeigen das kurze und wiederholte Interventionen genauso effektiv sind wie längere. Denn welche Berufsgruppe sieht ihre Patienten so oft wie wir? Und das macht unseren Beruf einfach so vielseitig und wunderbar…

– AUTORIN
Deutsche Gesellschaft für Dentalhygieniker*innen Heike Wilken, DH
2. Vorsitzende der Deutsche Gesellschaft für Dentalhygieniker*innen (DGDH) e.V.

– KONTAKT
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