Teilzeitbeschäftigungen in der Zahnarztpraxis – Teil 2
Möglichkeiten der Gleitzone bei der Beschäftigung von Familienangehörigen
In der vergangenen Ausgabe haben wir die Grundlagen zu Mini- und Midijob besprochen. Nun geht es um die Möglichkeiten der Gleitzone bei der Beschäftigung von Familienangehörigen. Auch dieser Themenbereich ist wieder sehr komplex, so dass wir ihn nur auszugsweise wiedergeben können.
Robert Sebastian Koch
Warum sollte ein Zahnarzt zum Beispiel seine Frau über einen Midijob in der Praxis anstellen? Sie könnte ja auch die Möglichkeit einer nicht sozialversicherungspflichten (unentgeltlichen) familienhaften Mitarbeit nutzen.
/// Welche Möglichkeiten bietet das Anstellungsverhältnis?
Die Gehaltszahlungen mindern den Praxisgewinn des Zahnarztes.
Die Ehefrau kommt in den Genuss einer eigenen Kranken- und Pflegeversicherung. Darüber hinaus zahlt sie eigene Rentenversicherungsbeiträge. Sofern das Beschäftigungsverhältnis länger als ein Jahr andauert ist sie arbeitslosenversichert.
Sind die Ehegatten beispielsweise privat versichert, entfällt die Privatversicherung für die Ehefrau in der Regel mit Beginn der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung.
Hat die Ehefrau bislang noch nicht mindestens fünf Jahre gearbeitet und keine Kinder bekommen, besteht für sie noch kein eigener gesetzlicher Rentenanspruch. Mit einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung lässt sich diese Lücke leicht schließen.
Darüber hinaus bestehen Krankengeldansprüche und Ehegatten mit Kinderwunsch erhöhen die Bemessungsgrundlage für das Elterngeld und erwerben einen Anspruch auf Mutterschaftsgeld.
Natürlich ist auch zu beachten, dass das Haushaltseinkommen durch die eigenen Einkünfte der Frau wieder angehoben wird. Nachfolgende Beispielrechnung soll die direkten finanziellen Auswirkungen bei Ausübung eines 500,00-Euro-Midijobs veranschaulichen:
Wir sind von positiven Einkünften aus dem Betrieb der Zahnarztpraxis in Höhe von 200.000 € im Ausgangsbeispiel ohne Anstellung ausgegangen. Beiträge zur Privatversicherung haben wir je Ehegatte in Höhe von 300 € monatlich angenommen. Kirchensteuerzahlungen aber auch Beiträge zum Versorgungswerk etc. und andere positive Einkünfte haben wir der Einfachheit halber weggelassen. Für die Beispielrechnung mit Anstellung der Ehefrau haben wir die Arbeitgeberkosten (Gehalt AG-Anteil SV) von den Praxiseinkünften abgezogen. Die Vorsorgeaufwendungen beinhalten wieder die Privatversicherung des Ehemanns (3.600 €) und die geringeren SV-Beiträge der Ehefrau aus dem Anstellungsverhältnis.
Das Beispiel zeigt, dass die positiven Effekte des Betriebsausgabenabzugs wieder durch die eigenen Einkünfte der Ehefrau aufgezehrt werden. Ihr kommt allerdings der pauschale Werbungskostenabzug zur Gute. Trotzdem kommt es zu einer Mehrbelastung in den Steuern. Das liegt insbesondere an den weniger gezahlten Krankenversicherungsbeiträgen. Durch die Einsparungen bei der Privatversicherung kommt es dennoch insgesamt zu einer Haushaltsentlastung mit dem zusätzlichen Nebeneffekt, dass eigene Beiträge für die Ehefrau in die gesetzliche Rentenkasse gezahlt wurden.
/// Was muss der Zahnarzt beachten, wenn er einen Familienangehörigen sozialversicherungspflichtig in der Praxis anstellen will?
An vorderster Stelle steht hier der Fremdvergleich! Behandeln Sie Familienangehörige genau so wie jeden anderen Angestellten. Zahlen Sie kein unangemessen hohes Gehalt. Vereinbaren Sie Urlaubstage und eine regelmäßige Arbeitszeit. Weihnachtsgelder etc. sollten nur gezahlt werden, wenn vergleichbare andere Angestellte auch ein solches erhalten. Halten Sie im Arbeitsvertrag fest, welche Aufgaben erfüllt werden müssen. Klären Sie, dass sie als Chef weisungsbefugt sind. Sie stellen neue Mitarbeiter nur mit Probezeit ein? Machen Sie das auch bei Ihrer Frau! Denken Sie an die Vereinbarung einer Kündigungsfrist.
Das Wichtigste ist, dass all das nicht nur niedergeschrieben, sondern auch gelebt werden muss. Dokumentieren Sie die geleisteten Stunden mit Hilfe eines Stundenzettels. Stellen Sie einen regulären Arbeitsplatz zur Verfügung. Arbeitet Ihre Frau im „Homeoffice“? Beschreiben Sie, wie sie dort arbeitet. Zahlen Sie das Gehalt regelmäßig mittels Überweisung am besten auf ein eigenes Konto des Ehegatten. Ein fremder Angestellter würde nicht ein paar Monate auf Gehalt verzichten, nur weil die Liquiditätslage der Praxis gerade schlecht ist. Führen sie darüber hinaus Lohnsteuer und Sozialversicherungsbeiträge ordnungsgemäß ab.
Das Finanzgericht Düsseldorf hat mit Urteil vom 06.11.2012 (Az. 9 K 2351/12 E) den Betriebsausgabenabzug für die Gehaltszahlungen eines selbständigen Zahnarztes an seine Frau verwehrt, weil der Vertrag nicht fremdüblich war. Was war passiert?
Dem Urteil ist eine Betriebsprüfung vorausgegangen. Der Betriebsprüfer hat das Beschäftigungsverhältnis beanstandet und versagte den steuerlichen Betriebsausgabenabzug.
Die Ehegatten schlossen einen Arbeitsvertrag über 45 Monatsstunden. Die Frau konnte aber selber entscheiden, wann sie diese Stunden ableistet. Die Arbeitszeit wurde von beiden Ehegatten nicht dokumentiert.
Die im Arbeitsvertrag niedergeschriebene Tätigkeit lautete auf „Mitwirkung bei verwaltungstechnischen Arbeiten in der Zahnarztpraxis“. Der Arzt erläuterte, dass seine Frau von zu Hause aus die Buchführung und den Zahlungsverkehr vorbereitete und sich um die Kassen- und Privatabrechnungen kümmerte. Alles das war dem Gericht zu wenig. Der Arbeitsvertrag sei nicht fremdüblich urteilten die Richter. Einem Vergleich mit gängigen Arbeitsverträgen könne das Arbeitsverhältnis nicht standhalten. Mit einer fremden Mitarbeiterin hätte man das Tätigkeitsfeld genauer konkretisiert und zumindest auch die Arbeitszeit dokumentiert.
Auch die Krankenkassen sehen bei Familienangehörigen genauer hin. Bei Beschäftigungsbeginn wird in der Anmeldung zur Sozialversicherung eine „1“ in das Statuskennzeichen eingetragen. Dies übernimmt in der Regel ihr Steuerberater für sie. Die „1“ ist für die Krankenkasse das Signal, ihnen einen Fragebogen zur Klärung ihres individuellen Arbeitnehmerstatusses zukommen zu lassen. Der Fragebogen kann durch ankreuzen erledigt werden. Dort wird zum Beispiel nach dem Verwandtschaftsgrad und der Weisungsbefugnis gefragt. Auch eine etwaige Mitunternehmerschaft wird geprüft. Diese kann zum Beispiel vorliegen, wenn die Ehegatten per Ehevertrag eine Gütergemeinschaft vereinbart haben, zu der auch die Praxis und deren Räume sowie etwaige betriebliche Darlehen gehören. Kommt die Krankenkasse zu dem Schluss, dass weder familienhafte Mitarbeit noch Mitunternehmerschaft vorliegen, teilt sie ihnen das mit. Kommt sie hingegen zu keinem eindeutigen Ergebnis, legt sie den Fall der Deutschen Rentenversicherung Bund zur Einzelfallprüfung vor. Diese führt sodann eine Statusfeststellung durch, die für alle Sozialversicherungsbereiche bindend ist.[1]
Wird im Laufe eines Beschäftigungsverhältnisses im Rahmen einer Sozialversicherungsprüfung entschieden, dass das Anstellungsverhältnis nicht sozialversicherungspflichtig ist, obwohl Beiträge abgeführt wurden, werden diese zu Unrecht gezahlten Beiträge grundsätzlich nur für die letzten vier Jahre im Rahmen der Verjährungsfrist zurückgezahlt. Die anderen zu viel gezahlten Beiträge sind verloren. Das ist insbesondere kurz vor Rentenbeginn mehr als ärgerlich.
/// Fazit
Die Anstellung von Familienangehörigen bietet viele Vorteile, birgt aber auch ein paar Risiken. Wenn Sie Verträge abschließen denken Sie immer daran, was sie mit einem fremden Dritten vereinbaren würden. Beachten Sie das, sind sie schon auf einem guten Weg. Das Finanzamt prüft derartige Arbeitsverhältnisse seit längerem mit erhöhter Aufmerksamkeit. Sprechen Sie daher vor Einstellung von Familienangehörigen mit Ihrem Steuerberater. Er kann die Verträge prüfen und mögliche Einsparungspotentiale ausrechnen.
– AUTOR
Dipl.-Kfm. (FH), Dipl.-Wirt.-Jur. (FH)
Robert Sebastian Koch, Steuerberater
– KONTAKT
Janetta & Koch
Steueberater Partnerschaft mbB Steuerberater für Zahnärzte und Dentallabore
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[1] vgl. https://www.ikk-gesundplus.de/arbeitgeber/versicherungen/familienangehörige/