Die Schenkung ist ein viel gesehenes Instrument in der Vermögensnachfolge. Aber was passiert, wenn der Schenkende nach einigen Jahren nicht mehr ganz so angetan von seiner Idee ist und die Vermögenswerte gerne zurückerhalten würde?
Dr. Stephanie Thomas
Eine einfache Rückgabe kann schwerwiegende steuerliche Folgen haben. Zahnärztinnen und Zahnärzte können sich jedoch über einen Katalog von Rückforderungsgründen vor Fehlschlägen bei der Vermögens- und Unternehmensnachfolge schützen.
Die Zahlen sind gigantisch und zeigen, wie resistent die deutsche Wirtschaft sich gegen den seit März 2020 geltenden Krisenmodus stemmt. Beispielsweise wuchs das Privatvermögen in der Bundesrepublik zuletzt um gut zehn Prozent auf 20,2 Billionen US-Dollar, und nach Angaben der Bundesbank betrug das Geldvermögen der privaten Haushalte in Deutschland Ende des vergangenen Jahres insgesamt rund 7,61 Billionen Euro. In Deutschland gehören inzwischen 1,63 Millionen Menschen zu den Personen, die über ein anlagefähiges Vermögen von mindestens einer Million US-Dollar verfügen.
Die positive Wirtschaftsentwicklung des vergangenen Jahrzehnts zeigt sich auch bei der Höhe der Erbschaften. 84,4 Milliarden Euro sind laut dem Statistischen Bundesamt im Jahr 2020 in Deutschland vererbt und verschenkt worden. Das entspricht einem Anstieg von 5,9 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Der Wert steigt seit vielen Jahren kontinuierlich, 2010 lag das vererbte Vermögen noch bei 24,7 Milliarden Euro. Weiteren Studien zufolge sollen in den Jahren bis 2027 jeweils 87 Milliarden Euro pro Jahr vererbt werden. Und jede fünfte Erbschaft in Deutschland hat einen Wert von mehr als einer Viertelmillion Euro.
Dazu kommen weit reichende Unternehmenswerte, die in den kommenden Jahren weitergegeben werden sollen. Für insgesamt rund 190.000 Unternehmen steht nach Schätzungen des IfM Bonn in den kommenden fünf Jahren eine Nachfolge an.
/// Schenkung viel gesehenes Instrument in der Vermögensnachfolge
Dadurch steigen in Deutschland die Anforderungen an eine tragfähige, generationenübergreifende Gestaltung der Vermögens- und Unternehmensnachfolge. Diese hat verschiedene Ebenen. Im Mittelpunkt steht dabei im ersten Schritt häufig die Vermeidung von Erbschaftsteuer. Daher ist die Schenkung ein viel gesehenes Instrument in der Vermögensnachfolge. Zum einen sollen damit in der Regel die Kinder schon weit vor dem Erbfall von einem Teil des Familienvermögens profitieren und zum anderen hilft eine gut geplante Schenkungsstrategie auch dabei, eine allzu hohe erbschaftsteuerliche Belastung zu verhindern oder eine Steuerzahlung komplett zu vermeiden.
Die Höhe der Schenkungsteuer hängt vom Verwandtschaftsgrad der Beteiligten ab. Aus diesem ergibt sich die Steuerklasse der Beschenkten, wobei Steuerklasse I mit den höchsten Freibeträgen und den niedrigsten Steuersätzen bedacht wird. Durch die steuerlichen Freibeträge können Ehegatten alle zehn Jahre einen Steuerfreibetrag von 500.000€, Kinder von 400.000€ geltend machen. Die Steuerklassen werden in §15 des Erbschaftsteuer- und Schenkungssteuergesetzes (ErbStG) festgelegt. Ehegatte und Kinder als die typischen Erben fallen unter die Erbschaftsteuerklasse I und zahlen damit zwischen sieben und 30 Prozent Steuer auf den Erwerb, je nach Größenordnung. Auf diese Weise lassen sich durch eine gut strukturierte Schenkungsstrategie über die Jahrzehnte immer wieder Vermögensbestandteile steuerfrei übertragen. Am Ende kann dies dazu führen, dass auch ein umfangreiches Vermögen unter bestimmten Umständen steuerfrei übergeben worden ist.
/// Absicherung der übergebenden Generation
Eine andere Ebene, die aber mindestens genauso wichtig ist wie die Optimierung der Steuerlast, ist die Absicherung der übergebenden Generation. Denn auch in den besten Familien kann es zu Streitigkeiten oder schwerwiegenden Zerwürfnissen kommen, weshalb die Vermögensübergabe oder vor allem auch die Übertragung einer Praxis oder der Anteile an einer ÜBAG oder einem MVZ lieber rückgängig gemacht würde.
Dabei treten zwei Probleme auf. Zwar könnten Übernehmende ihr erworbenes Vermögen einfach an die Seniorgeneration zurückschenken. Das aber führt zu katastrophalen steuerlichen Folgen. Schließlich erhält ein Elternteil bei Schenkungen von den Kindern nur einen Freibetrag von 20.000 Euro und die Übertragung unterliegt der ungünstigeren Steuerklasse II (je nach Vermögenshöhe zwischen 15 und 43 Prozent Steuerquote).
Damit wären die Steuervorteile der Schenkungsstrategie nicht nur aufgehoben, sondern es würde ein erheblicher Vermögensschaden entstehen. Die Konsequenz in der Praxis kann jeder selbst errechnen.
/// Katalog von Rückforderungsgründen vereinbaren
Diese steuerlichen Folgen lassen sich nur durch Regelungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs umgehen. Das BGB definiert Fälle in sehr engen Grenzen, in denen der Schenker seine Gaben zurückverlangen kann. Der Beschenkte muss sich dafür eines schweren Vergehens schuldig gemacht haben, beispielsweise eines Angriffs auf Leib und Leben des Schenkers oder der Verursachung einer erheblichen Vermögensschädigung aufseiten des Schenkers. Das sind jeweils individuell zu bewertende Sachverhalte.
Daher ist es viel sinnvoller bei der Gestaltung der Schenkung im Übergabevertrag vorausschauend bereits einen Katalog von Rückforderungsgründen zu vereinbaren, bei deren Eintritt der Schenker die Schenkung widerrufen kann. Dieser Rückforderungsvorbehalt ist der sicherste Weg für den Schenker, eine Schenkung wieder rückgängig machen zu können. Diese Gründe können im Vertrag individuell definiert werden und dementsprechend weit über diejenigen hinausreichen, die das Bürgerliche Gesetzbuch anführt.
Die Sicherheit für Vermögenseigentümer ist bei einer individuellen vertraglichen Gestaltung also wesentlich höher. Das ist aus steuerlichen Gründen angezeigt, erspart langwierige Auseinandersetzungen und sichert den Schenker ab. Solche vertraglichen Gestaltungen sind im Grunde sogar fester Bestandteil zum Schutz des Familienvermögens und Basis wirklich tragfähiger Regelungen.
– AUTORIN
Dr. Stefanie Thomas
Rechtsanwältin, Fachanwältin für Steuerrecht
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