Vereinfachter digitaler Workflow

AUTOR - Ashish Soneji

Vereinfachter digitaler Workflow für Keramikrestaurationen mit Hilfe von einer speziellen Retraktionspaste

 

Mit der heutigen Technologie lassen sich hochpräzise digitale Scans für prothetische Restaurationen erstellen. Bei subgingivalen Rändern oder suboptimaler Mundhygiene kann es jedoch schwierig sein, gute Scans zu erhalten. Digitale Technologie und moderne Retraktionspasten können dieses Problem lösen und für einen optimalen klinischen Ablauf und für eine höhere Zufriedenheit bei Zahntechnikern und Patienten sorgen.

Im vorgestellten Fall wurde eine VMK-Krone aufgrund von Sekundärkaries durch eine monolithische Zirkoniumdioxidkrone ersetzt. Der Stumpfaufbau erfolgte effektiv und einfach mit einem Bulk-Fill-Composite, dessen Viskosität thermisch gesteuert wird (VisCalor bulk, VOCO). Die Qualität der digitalen Abformung wurde durch die zusätzliche Anwendung von Retraction Paste (VOCO) so verbessert, dass präzise Scans für die Herstellung der Keramikkrone erhalten wurden.

Ashish Soneji, BDS (Hons)

 

/// Fallbeschreibung

 

  • Anamnese

Ein 64-jähriger Patient stellte sich zu einer Routineuntersuchung vor, die aus privaten Gründen verschoben worden war. Ansonsten war er ein Patient, der regelmäßig zum Zahnarzt geht, mit guter Mundhygiene und guten Ernährungsgewohnheiten. Er berichtete über eine leicht erhöhte Nahrungsretention um eine vorhandene Krone und gelegentliches Bluten bei der Interdentalreinigung im unteren rechten Quadranten, ohne die Stelle genauer lokalisieren zu können. Seine Erwartungen waren realistisch: Er bevorzugte einen minimalinvasiven Ansatz, bei dem die Funktionalität gegenüber ästhetischen Verbesserungen im Vordergrund stehen sollte.

 

  • Befund

Die klinische Untersuchung zeigte eine klobige Metallkeramikkrone auf Zahn 46. Ein grundlegender Parodontalindex ergab einen Wert von 3 im unteren rechten Sextanten. Beim Sondieren traten Blutungen auf, die distal von Zahn 46 stärker ausgeprägt waren. Daher wurde an dieser Stelle ein weiteres 6-Punkt-Taschendiagramm erstellt, das 4 mm tiefe Taschen auf der distobukkalen Seite von Zahn 46 mit Blutungen zeigte. Zusätzliche Perkussionstests im unteren rechten Quadranten ließen erkennen, dass Zahn 46 nicht auf Perkussion reagierte.

Es wurden präoperative Röntgenaufnahmen angefertigt (Abb. 01a). Die Einzelzahnaufnahme zeigte eine distale Radioluzenz unter der defekten Krone 46 mit einer existenten zufriedenstellenden Wurzelfüllung

 

  • Diagnose

Unter der Krone 46 wurde eine Sekundärkaries diagnostiziert.

 

/// Therapie

Abfolge der Behandlungsschritte

Die Behandlung begann mit dem Auftrennen und der Entfernung der Krone, der anschließenden Entfernung der Sekundärkaries und der Reparatur des Stumpfes mit VisCalor bulk (VOCO). Hierbei handelt es sich um ein Bulk-Fill-Composite mit thermisch kontrollierter Viskosität (nicht abgebildet), das sich gut für Klasse-II-Restaurationen oder Stumpfrekonstruktionen eignet. Die Krone wurde mit einem konischen Diamantschleifer mit flachem Kopf (Frank Dental) aufgetrennt. Kariöses Gewebe wurde mit einem zylindrischen Diamantbohrer (835.010C, NTI) und einem Rosenbohrer (1204025RA, Edenta) entfernt. Die Präparation für die neue Krone erfolgte mit konischen Fräsern grober und mittlerer Körnung (850.014C/M, Solo Diamond). Nach der Kariesentfernung war eine Anhebung der tief liegenden Kavitätenränder erforderlich, die ebenso wie auch der Aufbau des restlichen Stumpfes mit VisCalor bulk (VOCO) erfolgte.

Um eine Weichgewebskonditionierung zu ermöglichen wurde eine provisorische Krone hergestellt, die der Patient vor der digitalen Abformung einige Wochen tragen sollte (Abb. 02a und 02b).

In der folgenden Sitzung wurde nach der Entfernung des Provisoriums (Abb. 03) eine gezielte Reinigung durchgeführt, gefolgt von der digitalen Abformung.

Zur Darstellung der Präparationsränder wurde vorbereitend ein Retraktionsfaden der Größe 000 mit einem Retraktionsfadenstopfer um den präparierten Zahn 46 gelegt (Abb. 04). Anschließend wurde zusätzlich VOCO Retraction Paste (VOCO) mit langsamen kreisenden Bewegungen in den Sulkus eingebracht und in situ belassen (Abb. 05 und 06). Während dieser Zeit wurde das Gebiet trocken gehalten. Nach 2 Minuten wurde die Retraktionspaste mit einem Luft-Wasser-Spray und einem leistungsstarken Absauggerät entfernt. Nur der Retraktionsfaden selbst wurde in situ belassen. Der Sulkus wurde luftgetrocknet.

Vor dem intraoralen 3D-Scan war die klinische Situation – mit einem gut erweiterten, trockenen gingivalen Sulkus – hervorragend (Abb. 07 und 08). Die CAD-Screenshots der mit dem Trios-Intraoralscanner (3Shape) erstellten 3D-Scans bestätigten den klinischen Eindruck (Abb. 09a und 09b). Die gescannten Präparationsränder sind perfekte Beispiele für exzellent definierte anatomische Details.

Beim nächsten Termin wurde die monolithische Zirkoniumdioxidkrone auf Zahn 46 aufgesetzt und mit einem Glasionomerzement (Meron AC, VOCO) befestigt. Korrekturen waren nicht erforderlich (Abb. 10).

 

/// Ergebnis

Wie das postoperative Röntgenbild zeigt, weist die Krone einen hervorragenden Randschluss auf (Abb. 01b). Der dargestellte Workflow (Abb. 02 bis 10) zeigt eine gute Gingivaretraktion und einen so möglichen akkuraten Scan. Dadurch war es möglich, eine präzise Passung der Restauration ohne nachfolgend erforderliche Korrekturen herzustellen – zur großen Zufriedenheit von Patient, Zahnarzt und Zahntechniker.

/// Diskussion

Im vorliegenden Fall ging es um die Behandlung einer Karies an einem Kronenrand. Nach Entfernung der Krone und der Karies wurde zum Wiederaufbau des Zahnstumpfes das thermoviskose Composite VisCalor bulk (VOCO) verwendet.

Um eine ausreichende Materialstärke des Abformsilikons an den Rändern zu gewährleisten und um dadurch ein Einreißen oder Verziehen beim Entfernen zu verhindern, ist eine Sulkusbreite von 0,2 mm zwingend erforderlich (Prasad et al. 2011). Die provisorische Krone wurde mit Composite auf der distalen Seite verstärkt. Zur morphologischen Adaptation des Weichgewebes trug der Patient die provisorische Krone für einige Wochen, und konnte so gleichzeitig die Bedingungen für eine präzise Abformung schaffen.

Die provisorische Krone wirkt etwas klobig, (Abb. 02) was auf die Form der ursprünglichen Krone zurückzuführen ist.

VOCO Retraction Paste ist ein pastöses Produkt, das in einem Caps zur direkten Anwendung erhältlich ist. Es hat ausgezeichnete adstringierende Eigenschaften und hinterlässt, wie in diesem Fall zu sehen, einen trockenen und gut geweiteten trockenen Sulkus – ideale Voraussetzungen für eine hochpräzise Abformung.

 

Die beiden wirksamen Bestandteile von VOCO Retraction Paste (VOCO) sind Aluminiumchlorid und Kaolin. Aluminiumchlorid entfaltet seine blutstillende Eigenschaft – im Gegensatz zu anderen bekannten Hämostatika – über eine chemische Reaktion mit dem Blut. Dadurch ist es sehr wirksam, und es müssen keine körpereigenen Mechanismen zur Blutstillung aktiviert werden. Darüber hinaus trägt der saure Charakter von Aluminiumchlorid dazu bei, dass das Blut koaguliert (Nouri et al. 2015, Phatale et al. 2010). Kaolin ist für seine adstringierenden Eigenschaften bekannt und ist dazu verwendet wird, das Zahnfleisch zurückzudrängen.

 

In diesem Fall wurde die digitale Abformung mit dem Intraoralscanner Trios 3 (3Shape) durchgeführt. Wie gewünscht und notwendig, wurde ein klarer und gut definierter Rand erfasst (Ting-shu und Jian 2015). Nach dem Design am Computer mit exocad (Align Technology) wurde die Krone gefräst und manuell durch Bemalen und Glasieren fertiggestellt (Birnbaum et al. 2009).

Der Autor schätzt VOCO Retraction Paste sehr, da sie sich farblich von der Gingiva abhebt und leicht zu entfernen ist. Die Kanüle hat eine flexible Spitze, die eine punktgenaue und präzise Applikation in den Sulkus ermöglicht.

Dies erleichtert den Arbeitsablauf erheblich. Präzise digitale Abformungen setzen einen gut geweiteten und trockenen Sulkus voraus – der durch einfaches Legen eines Retraktionsfadens der Größe 000 und anschließendes Einbringen einer Retraktionspaste erreicht wird.

Neuere Publikationen weisen darauf hin, dass durch die alleinige Verwendung einer Retraktionspaste eine ähnliche (Açar et al. 2014, Gupta et al. 2013, Kostić et al. 2012) oder sogar ausgeprägtere (Qureshi et al. 2020) Gingivaretraktion erzielt werden kann.

 

/// Schlussfolgerungen

 

  • Patientenzufriedenheit

Patient und Zahnarzt waren mit dem Endergebnis sehr zufrieden. Die klinischen Aspekte der Behandlung verliefen stressfrei.

 

  • Fazit

VOCO Retraction Paste (VOCO) ist das ideale Produkt zur temporären Retraktion der marginalen Gingiva und schafft einen trockenen Sulkus für präzise Abformungen.

 

– AUTOR
Ashish Soneji, BDS (Hons)

 

– KONTAKT
Queen Square Dental Clinic
17 Queen Square
Bristol BS1 4NH
Vereinigtes Königreich
ashishsoneji@gmail.com

 

 

 

Dieser Beitrag ist erstmalig in der „ZMK“ 9/2023 – September erschienen.

 

Bildunterschriften

 

Abb. 01a Präoperatives Röntgenbild. Sekundärkaries unter der defekten Krone an Zahn 46 ohen periapikale Pathologie.

Abb. 01b Postoperatives Röntgenbild. Erfolgreiche Behandlung von Zahn 46 nach Abtrennen der Krone, Entfernen der Sekundärkaries, Anheben des tiefen Randes und Ersatz des Stumpfes sowie Eingliederung einer neuen monolithischen Zirkoniumdioxidkrone.

Abb. 02a Ansicht von bukkal. Klinische Ansicht nach Entfernung der alten Krone und Eingliederung des Provisoriums zur Regeneration des Weichgewebes

Abb. 02b Ansicht von okklusal, gleiche Situation.

Abb. 03 Situation nach Entfernung des Provisoriums.

Abb. 04 Gelegter Retraktionsfadens der Größe 000. Distale Randanhebung und Stumpfaufbau mit VisCalor bulk abgeschlossen

Abb. 05 Ansicht von bukkal. Eingebrachte VOCO Retraction Paste.

Abb. 06 Ansicht von okklusal. Eingebrachte VOCO Retraction Paste.

Abb. 07 Ansicht von bukkal. Nach Entfernung der Retraction Paste, gut geweiteter gingivaler Sulkus ohne marginale Blutung.

Abb. 08 Ansicht von okklusal, gleiche Situation.

Abb. 09a Ansicht von bukkal. Abgeschlossener intraorale 3D-Scan. Sehr klarer und gut definierter Rand.

Abb. 09b Ansicht von okklusal, gleiche Situation.

Abb. 10 Ansicht von okklusal. Definitive monolithische Zirkoniumdioxidkrone, befestigt mit Glasionomerzement.

 

Literatur

Acar Ö, Erkut S, Özçelik TB, Ozdemır E, Akçil M. A clinical comparison of cordless and conventional displacement systems regarding clinical performance and impression quality. J Prosthet Dent. 2014 May; 111(5): 388–394.

Birnbaum NS, Aaronson HB, Stevens C, Cohen B. 3D digital scanners: a high-tech approach to more accurate dental impressions. Inside Dentistry. 2009; 5(4): 70–74.

Gupta A, Prithviraj DR, Gupta D, Shruti DP. Clinical evaluation of three new gingival retraction systems: a research report. J Indian Prosthodont Soc. 2013 Mar; 13(1): 36–42.

Kostić I, Najman S, Kostić M, Stojanović S. Comparative review of gingival retraction agents. Acta medica Medianae. 2012; 51(1): 81–84.

Nouri S, Sharif MR, Panahi Y, Ghanei M, Jamali B. Efficacy and safety of aluminum chloride in controlling external hemorrhage: an animal model study. Iran Red Crescent Med J. 2015 Mar 20; 17(3): e19714.

Phatale S, Marawar PP, Byakod G, Lagdive SB, Kalburge JV. Effect of retraction materials on gingival health: A histopathological study. J Indian Soc Periodontol. 2010 Jan; 14(1): 35–39.

Prasad KD, Hegde C, Agrawal G, Shetty M. Gingival displacement in prosthodontics: A critical review of existing methods. J Interdisciplinary Dent. 2011; 1(2), 80–86.

Qureshi SM, Anasane NS, Kakade D. Comparative evaluation of the amount of gingival displacement using three recent gingival retraction systems – in vivo study. Contemp Clin Dent. 2020 Jan–Mar; 11(1): 28–33.

Ting-Shu S, Jian S. Intraoral digital impression technique: a review. J Prosthodont. 2015 Jun; 24(4): 313–321.