Vorsicht bei der Beschäftigung von Freien Mitarbeitern – das kann teuer werden!

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Freie Mitarbeit. Foto: iStock

Arbeitgeber versuchen immer wieder, sozialversicherungsrechtliche und arbeitsrechtliche Vorgaben dadurch zu umgehen, dass sie Mitarbeitende als sog. „Freie Mitarbeiter“ beschäftigen und nicht als Arbeitnehmer.

Michael Henn

Eine Beschäftigung von „freien Mitarbeitern“, die in Wirklichkeit jedoch Arbeitnehmer sind, kann für den Arbeitgeber jedoch teuer werden und strafrechtliche Folgen haben. Dies zeigt eine aktuelle Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom 08.03.2023, Az. 1 StR 188/22.

In dem entschiedenen Fall hatte der angeklagte Rechtsanwalt zwölf Rechtsanwälte als „freie Mitarbeiter“ beschäftigt. Das Landgericht Traunstein hatte den angeklagten Rechtsanwalt wegen Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt in 189 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr verurteilt und die Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt. Daneben hatte es gegen den Angeklagten eine Gesamtgeldstrafe von 30 Tagessätzen zu je € 200,00 sowie die Einziehung von Taterträgen in Höhe von € 118.850,58 angeordnet, „soweit nicht eine Verrechnung mit den freiwillig geleisteten Krankenversicherungs-/Pflegeversicherungsbeiträgen erfolgt“.

Der Bundesgerichtshof hat hier die Einschätzung des Landgerichts bestätigt, dass es sich bei den Freien Mitarbeitern in Wirklichkeit um Arbeitnehmer gehandelt habe. Maßgeblich war hierbei für den Bundesgerichtshof die Feststellung des Landgerichts, dass dem Angeklagten hinsichtlich aller zwölf Rechtsanwälte ein von ihm ausgeübtes Weisungsrecht zustand, mit dem er Arbeitszeiten, Ort sowie Art und Inhalt der Tätigkeit der Rechtsanwälte bestimmen konnte.

Der Angeklagte legte auch konkret fest, dass die Rechtsanwälte, sofern sie nicht durch Gerichts- oder Mandantentermine verhindert waren, während des Kanzleibetriebes vor Ort sein mussten, sie ihre Anwesenheiten einzutragen hatten und ihre Urlaubszeit mit ihm abzustimmen hatten. Für ihre Tätigkeit erhielten die Beschäftigten ein festes Jahresgehalt, das sie in zwölf Monatsraten abrufen konnten. Auch hatten die Beschäftigten keinerlei unternehmerisches Risiko zu tragen, dass sie weder ihr eigenes Kapital einsetzen mussten, noch an den Kosten der Kanzlei beteiligt waren.

Diese vollständige Eingliederung in den Betrieb des angeklagten Rechtsanwalts führte auch aus Sicht des Bundesgerichtshofes dazu, dass die Rechtsanwälte eindeutig als abhängig beschäftigt einzustufen waren und somit Arbeitnehmer im arbeitsrechtlichen und sozialversicherungsrechtlichen Sinne waren.

Dies führte dazu, dass der Bundesgerichtshof die strafrechtliche Verurteilung bestätigte und das Verfahren nur zur Überprüfung der Höhe der vom Angeklagten noch abzuführenden Sozialversicherungsbeiträge an das Landgericht zurückverwies.

Auch diese Entscheidung zeigt wieder, dass für Arbeitgeber die Beschäftigung von „freien Mitarbeitern“ mit hohen Risiken behaftet ist, da eine „zu starke Eingliederung“ in den Betrieb dazu führt, dass die Beschäftigten als Arbeitnehmer einzustufen sind mit den entsprechenden sozialversicherungsrechtlichen und ggf. auch strafrechtlichen Konsequenzen.

Arbeitgeber sollten deshalb stets genau prüfen, ob die geplante Beschäftigung von „freien Mitarbeitern“ rechtlich wirksam ist. Freien Mitarbeitern kann dagegen nur empfohlen werden, ggf. überprüfen zu lassen, ob die Einstufung ihres Beschäftigungsverhältnisses richtig ist.

– AUTOR
Michael Henn
Rechtsanwalt, Fachanwalt für Erbrecht sowie für Arbeitsrecht

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