Das MVZ als Praxisstrategie (auch für Gründer)

Die Praxislandschaft in Deutschland ist seit Jahren im Wandel. Das liegt zum einen am allgemeinen demografischen Wandel. Zum anderen liegt es daran, dass es immer weniger junge Zahnärzte gibt, die den Weg in die Selbstständigkeit suchen.

Felix Roth, Christian Erbacher, LL.M.

Zudem durchlebt die Zahnärzteschaft eine Feminisierung, die dazu führt, dass – anders als früher – die Vereinbarkeit von Beruf und Familie eine größere Rolle spielt.

Ein Blick auf die Zahlen belegt dies eindrucksvoll: Der Anteil der Studienanfängerinnen im Fach Zahnmedizin lag im Jahr 2021 bei 71,7%.

Daneben setzt die neue Generation auch darüber hinaus in ihrem Arbeitsleben völlig andere Prioritäten, als es bisher in der Branche der Fall war.

Warum das MVZ als Gestaltungsmodell in Betracht gezogen werden soll, zeigt unser nachfolgender Artikel.

/// MVZ bereits bei Gründung in Betracht ziehen

In Kenntnis, der eingangs beschriebenen Zahlen ist es fahrlässig, sich allein auf die Praxisformen der Einzelpraxen oder Gemeinschaftspraxis gedanklich zu beschränken.

Denn gerade Teilzeitmodelle und flexible Arbeitszeitmodelle lassen sich in einem MVZ besser umsetzen als in einer Einzelpraxis oder einer Gemeinschaftspraxis.

Dies liegt daran, dass bei einer Einzelpraxis und einer Gemeinschaftspraxis der Versorgungsauftrag stets bei dem Inhaber liegt. Bei einem MVZ wird der Versorgungsauftrag durch das MVZ erfüllt. Zulassungsrechtlich bietet das MVZ also deutlich mehr Flexibilität.

Zudem bietet eine MVZ-GmbH derzeit die einzige Möglichkeit eine größere Praxis als Alleininhaber zu betreiben.

Zwar kann auch ein Einzelzahnarzt berufsrechtlich drei bzw. vier Zahnärzte anstellen; allerdings drohen hier gewerbesteuerrechtliche Risiken auf Grund einer fehlenden Überwachung.

 

/// Exkurs Steuergestaltung: Gründer sollten Bilanzierung prüfen

Als Argument gegen eine MVZ-GmbH werden oft eine erforderliche Bilanzierung und eine damit einhergehende Kostenerhöhung auf Seiten des Steuerberaters ins Feld geführt. Dies ist – isoliert betrachtet – richtig.

Allerdings wird der gut beratene Gründer im ersten Jahr der Gründung ohnehin prüfen, ob sich ein Wechsel von der Einnahme-Überschuss-Rechnung (EÜR) auf die Bilanzierung lohnt. Gerade bei Gründern kann die anfängliche Umstellung auf die Bilanzierung zu Steuerersparnissen führen, da die EÜR einige Posten, wie z.B. Forderungen, nicht kennt.

/// Steuerrechtliche Rechtsprechung beachten

Schließlich sollte die steuerliche Rechtsprechung im Auge behalten werden. Denn es ist ein zunehmender „Angriff auf die Freiberuflichkeit“ festzustellen, wie z.B. ein aktuelles Urteil des Finanzgerichts Rheinland-Pfalz zeigt, das derzeit vor dem Bundesfinanzhof verhandelt wird.

Im Kern geht es darum, dass es in den klassischen Strukturen der Einzelpraxis oder Gemeinschaftspraxis unbedingt erforderlich ist, dass der oder die Inhaber die freiberufliche Tätigkeit, also die originäre Behandlungstätigkeit am Stuhl, vollumfänglich beibehalten.

Dadurch geht ein wichtiger Gestaltungsspielraum verloren. Denn eine Praxis lässt sich in Zukunft je besser verkaufen, desto weniger sie „am Inhaber hängt“. Eine Praxisstrategie kann deshalb zum Beispiel sein, die Praxisumsätze durch angestellte Zahnärztinnen und Zahnärzte erwirtschaften zu lassen, während sich der Inhaber auf Management- und Führungsaufgaben fokussiert.

In klassischen Einzelpraxen oder Gemeinschaftspraxen ist ein solches Modell nicht möglich.

Praxistipp

Jeder Praxisinhaber sollte für sich, die für ihn passende Praxisform wählen. Das MVZ in Form der GmbH ist kein Allerheilmittel, doch es bietet einige Vorteile, die sich in klassischen Strukturen nicht verwirklichen lassen-

Wichtig ist, dass der Praxisinhaber seine Optionen kennt und aus diesen die für sich passende wählen kann. Um dies zu erreichen, ist eine Hand in Hand greifende rechtliche und steuerliche Beratung und Betreuung unerlässlich.

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– AUTOR
Felix Roth
Steuerberater & Wirtschaftsprüfer

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