Mit dem Expertenstandard zur „Förderung der Mundgesundheit in der Pflege“ wurde erstmals ein Expertenstandard durch eine interprofessionelle Arbeitsgruppe entwickelt.
Dass sich das „Deutsche Netzwerk für Qualtitätsentwicklung in der Pflege“(DNQP) dafür entschieden hat, lag vor allem darin begründet, dass ein wesentlicher Impuls zur Entwicklung dieses Expertenstandards von der Zahnärzteschaft ausging. Die interprofessionelle Entwicklung brachte es mit sich, dass vielfach die Schnittstellen zwischen dem pflegerischen und dem zahnärztlichen Handeln diskutiert wurden. Es ist der Expertenarbeitsgruppe gelungen, diese Schnittstellen gut zu erfassen und dadurch einen Impuls für eine verbesserte interprofessionelle Praxis zur Förderung der Mundgesundheit zu geben.
Frau Prof. Annett Horn und Herr Dr. Elmar Ludwig – beide Mitglieder der Expertenarbeitsgruppe – haben ein interprofessionelles Workshop-Programm für Pflegefachkräfte einerseits und Prophylaxe Fachkräfte andererseits entwickelt. Prof. Horn und Dr. Ludwig sind das perfekte Duo da, beiden die Förderung der Mundgesundheit in der Pflege ein Herzensanliegen ist. In den letzten Jahren hat sich in diesem Bereich aufgrund der Prophylaxe, Zahnerhaltung und Implantaten so viel getan.
Von daher freut es uns sehr, dass wir uns als „Deutsche Gesellschaft für Dentalhygieniker*innen“ (DGDH) beim zweiten interprofessionellen Workshop als kompetenter Partner mit einbringen konnten.
Der Workshop fand vom 20.10.2023-21.10.2023 am Zentrum für praktisches Lehren und Lernen (ZpLL) an der FH Münster statt. Gut gelaunt sind wir mit 25 Teilnehmenden gestartet.
Dieser Workshop wurde von Sunstar, ParoSwiss, dem Verein für Zahnhygiene, Philips, Kreussler und dem Aktionsbündnis gesundes Implantat unterstützt, was wirklich eine großartige Bereicherung war. Mit einer intensiven Vorstellungsrunde aller 25 Teilnehmenden und den Industriepartnern bei der auch die Erwartungen formuliert wurden ging es dann weiter. Die Stimmung war geprägt von Vorfreude, Respekt und Offenheit.
Das Ziel des Workshops besteht darin, im Dialog und auf Augenhöhe ein gegenseitiges Verständnis für die professionsspezifischen Herausforderungen zu schaffen und die Umsetzung des Expertenstandards zu fördern.
/// Thematische Schwerpunkte in diesem Workshop
- Idee und Aufbau der Expertenstandards in der Pflege: Zu Anfang erklärte Frau Prof. Dr. Horn die Struktur des Pflegeprozesses und wie Expertenstandards in der Pflege dazu beitragen, pflegerisches Handeln zu professionalisieren.
- Berufsbild Pflege & Dentalhygienikerin: Um die Professionen der Pflege und der Zahnmedizin zu verstehen war es sehr interessant zu sehen, welche Aus-, Fort- und Weiterbildungsmöglichkeiten es in den beiden Professionen gibt.
- Kleingruppenarbeit: In Arbeitsgruppen, die sich jeweils aus Expert*innen der Pflege und Zahnmedizin zusammensetzten, wurden verschiedene Fragestellungen zur Mundgesundheit in der Pflege diskutiert und auf Flip Charts zusammengefasst. Bei diesem Austausch wurde allen schnell klar, wie wichtig es ist, auch einmal die andere Seite zu sehen und zu verstehen. Im Anschluss hat jede Gruppe ihre Ergebnisse und Ideen präsentiert – einfach großartig mal über den Tellerrand zu schauen.
/// Mundgesundheit und Demenz
Adrian Gödderz, Berufspädagoge im Gesundheitswesen & Gesundheits- und Krankenpfleger. stellte die Ergebnisse seiner Bachelorarbeit zum Thema „Mundgesundheit und Demenz“ vor.
Beeindruckt hat uns die Einschätzung von orofazialen Schmerzen, die gerade bei Demenz schwierig ist und oft nicht klar definiert werden kann, ob eine Abwehr-Reaktion schmerzbedingt oder bedingt durch ungeschicktes Handeln z.B. bei der Mundpflege selbst geschieht, erfolgt. Herr Gödderz stellte in diesem Zusammenhang verschiedene Techniken vor, mit denen abwehrendes Verhalten vermieden oder diesem bestmöglich begegnet werden kann.
Sein Fazit: Aufgrund der Zusammenhänge zwischen allgemeiner Gesundheit und Wohlbefinden ist das Thema Mundgesundheit gerade bei Menschen mit Demenz aufgrund des Risikopotenzials dieser Gruppe besonders bedeutsam. Pflegekräfte können Probleme und Risiken schon früh erkennen, als Fürsprecher wirken, pflegende Angehörige einbeziehen und zahnmedizinische Behandlungen initiieren.
Danach stellte uns Dr. Ludwig die Plattform www.mundpflege-net vor, an deren Entwicklung er und Prof. Horn maßgeblich beteiligt sind. Diese Plattform ist einzigartig. Der Zugang ist kostenfrei, die Inhalte wissenschaftlich fundiert und es werden alle relevanten Fragen zur Mundgesundheit mit anschaulichen Grafiken, Bildern und filmischen Szenen beantwortet. Die Plattform lässt sich sehr gut für Beratungen, Schulungen und Anleitungen in der Pflege integrieren und kann auch in der Praxis gut genutzt werden. Wir finden interessante Informationen zum Thema Ernährung, und eine Vielzahl an Bildern zu den unterschiedlichen Zahnersatz-Formen sowie möglichen Erkrankungen in der Mundhöhle. So umfassend und gut strukturiert – ideal auch für die Aus- und Fortbildung. Die Homepage wird ständig erweitert und aktualisiert, ein wahrer Schatz für beide Professionen. Da lohnt es sich auf jeden Fall den Newsletter zu abonnieren – das geht ganz einfach direkt auf der Startseite und ist mit zwei Klicks erledigt!
/// Abendessen
Der Tag verging so schnell mit jeder Menge neuer Eindrücke und viel Neues auch für den Praxisalltag. In gemütlicher Atmosphäre haben wir den Abend mit einem gemeinsamen Abendessen und großartigen Gesprächen ausklingen lassen.
/// Schluckstörungen
Insgesamt sind 5 Millionen Menschen in Deutschland betroffen. Etwa 50 % aller Menschen, die in Pflegeeinrichtungen leben, leiden unter Schluckstörungen – bei fortgeschritten demenziell erkrankte Menschen sind es sogar 75 % betroffen. Ein besonderes Problem ist die stille Aspiration („Silent Aspiration“), wenn also kein Hustenreflex mehr besteht.
/// Praktische Übungen
Im Skills Lab, einem wie in einer Pflegeeinrichtung eingerichteten Raum, konnten wir ein bisschen in den Arbeitsalltag der Pflegefachkräfte hineinschnuppern. Mit vielen praktischen Tricks und Tipps hat uns Dr. Elmar Ludwig gezeigt, wie man mit wenig Mitteln möglichst viel erreichen kann. Zum Beispiel wie Zähneputzen im Sitzen am Waschbecken oder im Liegen im Bett unter Berücksichtigung der Minimierung der Aspirationsgefahr gelingen kann. Was brauchen wir für die Zahnpflege? Wie kann ich ergonomisch arbeiten und wie kann ich Kontakt zu meinem Patienten aufbauen damit die Zahnpflege für ihn möglichst angenehm ist.
Und um es an dieser Stelle nochmals klar zu sagen: Ziel des Workshops für uns Dentalhygienikerinnen war, dass wir den Pflegeprozess besser verstehen und „Werkzeuge“ an die Hand bekommen, Pflegekräfte im Hinblick auf die zahnärztlich relevanten Aspekte besser unterstützen zu können! Typische Erkrankungen zu erkennen, wann der Zahnarzt gerufen werden muss, welche Pflegemittel sich bewährt haben, worauf verzichtet werden sollte und wie die Unterstützung bei der Mundhygiene am besten gelingen kann. Es wurde zudem deutlich, dass die Beachtung des Delegationsrahmens von besonderer Bedeutung ist. Ohne Anwesenheit eines Zahnarztes oder einer Zahnärztin, mit der Möglichkeit, unmittelbar eingreifen zu können, verbieten sich für uns jegliche Maßnahmen am Menschen mit pflegerischem Unterstützungsbedarf.
Die zwei Tage vergingen so schnell und hatten uns Dentalhygienikerinnen und die Pflegekräfte ein ganzes Stück näher zusammengebracht. Wir möchten uns herzlich bedanken für das großartige Engagement von Frau Prof. Dr. Horn und Dr. Elmar Ludwig die uns so wunderbar durch die beiden Tage geführt haben. Es ist sehr selten so ein Referententeam zu haben, die sich so toll ergänzen. Die Zusammenarbeit macht einfach sehr viel Spaß und freuen uns auf unseren nächsten gemeinsamen Workshop.
– AUTORINNEN
Heike Wilken, Sylvia Fresmann
– KONTAKT
Deutsche Gesellschaft für DentalhygienikerInnen e.V. (DGDH)
Fasanenweg 14
48249 Dülmen
E-Mail: fresmann@dgdh.de
Internet: www.dgdh.de