Ehepaare ohne Kinder und ohne Testament? – Die Überraschung erfolgt im Todesfall

 

Die Anzahl der Geburten nimmt in Deutschland immer weiter ab. Zuletzt lag die zusammengefasste Geburtenziffer bei nur noch rd. 1,54 Kindern je Frau.
Michael Henn

Da viele Ehepaare auch immer später heiraten hat sich auch die Anzahl der Ehen deutlich erhöht, die kinderlos bleiben.

Viele davon machen sich über den Tod keine Sorgen, insbesondere in noch jüngeren Jahren und gehen irrig davon aus, dass wenn tatsächlich einem was passiert der andere schon alles erben wird. Über eine Testamentserrichtung wird nicht nachgedacht.

Das kann in einem plötzlichen Todesfall allerdings für Überraschungen sorgen, denn nach der gesetzlichen Erbfolge des BGB erbt der überlebende Ehegatte praktisch nie allein!

Voraussetzung für das Erbrecht des Ehegatten ist, dass der überlebende Ehegatte beim Erbfall mit dem Erblasser verheiratet war und dieser weder die Scheidung beantragt, noch ihr zugestimmt hatte. Sind diese Voraussetzungen erfüllt, erhält der Ehegatte neben Verwandten der I. Ordnung (Abkömmlinge) 1/4 Anteil, neben Verwandten der II. Ordnung (Eltern, Geschwister, usw.) oder neben Großeltern 1/2 Anteil. Besteht der gesetzliche Güterstand der Zugewinngemeinschaft, so wird der Ausgleich des Zugewinns dadurch verwirklicht, dass sich der vorstehend näher bezeichnete Erbteil neben Verwandten jeweils um 1/4 der Erbschaft erhöht.

Tatsächlich erhält der überlebende Ehegatte daher im Güterstand der Zugewinngemeinschaft:

  • neben Verwandten der I. Ordnung 1/2 Anteil
  • neben Verwandten der II. Ordnung sowie Großeltern 3/4 Anteil.

Da die Ehe kinderlos geblieben ist, kommt also hier immer die Erbfolge neben Verwandten der II. Ordnung in Betracht. Leben also zum Zeitpunkt des Todes eines der beiden Ehegatten noch dessen Eltern und/oder deren Abkömmlinge (Geschwister, Neffen und Nichten, usw.) oder Großeltern, geht 1/4 Anteil der Erbschaft an diese.

Damit passiert es häufig, dass sich der überlebende Ehegatte in einer Erbengemeinschaft wieder findet. Leben zum Beispiel die Eltern des Verstorbenen nicht mehr, dafür jedoch noch ein Bruder und eine Schwester ist unter Hinterlassung von zwei Kindern bereits vorverstorben, so sieht die gesetzliche Erbfolge hier wie folgt aus: Der Überlebende erbt 3/4 Anteil, der Bruder 1/8 Anteil und die beiden Kinder der vorverstorbenen Schwester je 1/16 Anteil.

Kinderlosen Ehepaaren wird daher dringend empfohlen, dies zu beachten sowie gegebenenfalls rechtzeitig rechtlichen und steuerlichen Rat zur Testamentserrichtung einzuholen.

– AUTOR
Michael Henn
Rechtsanwalt, Fachanwalt für Erbrecht sowie für Arbeitsrecht

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