Fachkräfteeinwanderung im Handwerk – Anpassungsqualifizierung in der Praxis

© Dentallabor Gibisch GmbH Tatjana Mamic und Betriebsleiter Frank Liewald bei zahntechnischen Arbeiten

 

Der Fachkräftemangel betrifft auch in der Zahntechnik-Branche viele Betriebe. Eine Möglichkeit, dem entgegenzuwirken, ist die Einstellung ausländischer Fachkräfte im Rahmen einer Anpassungsqualifizierung. Wie das in der Praxis umgesetzt werden kann, zeigt das Beispiel des Dentallabors Gibisch aus Mering. Der Betrieb und die beteiligten Handwerkskammern berichten, wie das Verfahren abgelaufen ist und welche Möglichkeiten eine betriebliche Anpassungsqualifizierung bietet.

 

/// Fachkraft gesucht

Das Dentallabor Gibisch ist ein Ausbildungsbetrieb mit etwa 120 Mitarbeitenden und Hauptsitz in Mering, der jedes Jahr ca. 5 Ausbildungsplätze anbietet. Dennoch fehlt es an Fachkräften, um der Auftragslage gerecht werden zu können. Dass der Fachkräftebedarf in der Branche aktuell nicht ausreichend gedeckt ist, gibt auch Dana Axmann an, die als Zahntechnikermeisterin in der Niederlassung in München arbeitet.

Über die sozialen Medien und die Arbeitsagentur suchte der Betrieb nach einer neuen Fachkraft für den Standort in München. Neben anderen Bewerbern meldete sich auch Tatjana Mamic, die in Bosnien-Herzegowina bereits als Zahntechnikerin arbeitete. „Wir hatten in unserem Münchner Betrieb ein Vorstellungsgespräch mit der Bewerberin aus dem Nicht-EU-Ausland geführt. Schnell war klar, dass Frau Mamic das Team gut ergänzen würde. Daraufhin erkundigten wir uns nach dem weiteren Verfahren bei der Handwerkskammer“, so Frau Axmann.

 

/// Anerkennungsberatung in der Praxis

Da sich Frau Mamic noch im außereuropäischen Ausland befand, musste als Einreisebedingung ein Antrag auf Anerkennung ihres ausländischen Abschlusses gestellt werden – dafür ist in der Regel die Anerkennungsberatung der Handwerkskammer zuständig. In diesem Fall waren zwei Handwerkskammermitarbeiterinnen eingebunden, die für das Projekt MigraNet[1] des Netzwerks IQ im Einsatz sind: Dr. Brigitte Eisele von der Handwerkskammer für Schwaben beriet den Betrieb insbesondere rund um die Themen Finanzierung und Fördermöglichkeiten, während Marianne Steigenberger von der Handwerkskammer für München und Oberbayern für die Umsetzung der Anpassungsqualifizierung zuständig war.

Im Falle von Frau Mamic bot sich an, die Möglichkeit des beschleunigten Fachkräfteverfahrens zu nutzen. Dieses erlaubt Betrieben, im Rahmen des Fachkräfteeinwanderungsgesetzes von 2020 das Verfahren gegen eine Gebühr schneller durchführen zu können. Frau Steigenberger erklärt, wie der Prozess abläuft: „Bei dem beschleunigten Verfahren muss man über die lokal zuständige Ausländerbehörde oder hier in Bayern über die Zentrale Stelle für die Einwanderung von Fachkräften (ZSEF)[2] in Nürnberg gehen. Diese koordiniert dann die beteiligten Institutionen. Wir machen immer eine Vorabprüfung, ob der Zugang zum Anerkennungsverfahren gegeben ist, und klären, ob sich der Betrieb für eine möglicherweise erforderliche Anpassungsqualifizierung eignet. Das war in diesem Fall nicht problematisch, da es sich um ein Zahntechniklabor handelte und der Abschluss von Frau Mamic auch in der Zahntechnik vorlag.“

 

/// Wie funktioniert eine Anpassungsqualifizierung?

Nach der erfolgten Gleichwertigkeitsprüfung des ausländischen Abschlusses mit dem des deutschen Referenzberufs wurde eine „teilweise Anerkennung“ beschieden und eine Anpassungsqualifizierung vorgeschlagen: „Wir prüfen, ob es geeignete Kurse gibt und welche Inhalte im Betrieb nachqualifiziert werden können. Anhand dieser Informationen wird ein individuell passender Qualifizierungsplan erstellt“, so Frau Steigenberger. Das Verfahren von Frau Mamic lief reibungslos ab: „Der Fall ging als Anerkennungsfall von der ZSEF an uns, dann lief das Anerkennungsverfahren und wir haben schon im Verfahren den Qualifizierungsplan mit dem Betrieb abgestimmt. Das war ein bisschen der Idealfall, da es direkt gepasst hat.“ Frau Mamic konnte daraufhin ein Visum zur Einreise für Qualifizierungszwecke beantragen und ihre Stelle im Dentallabor Gibisch antreten. Nach Abschluss der Anpassungsqualifizierung kann Frau Mamic einen Folgeantrag stellen und sich so die volle Gleichwertigkeit bescheinigen lassen.

© Dentallabor Gibisch GmbH
Tatjana Mamic und Betriebsleiter Frank Liewald bei zahntechnischen Arbeiten

 

/// Möglichkeiten der Finanzierung betrieblicher Qualifizierungsmaßnahmen

Bei Anliegen rund um das Verfahren stehen die zuständigen Kammern als Ansprechpartner zur Verfügung. Das betrifft beispielsweise die Finanzierung, denn eine Qualifizierung im Betrieb ist auch mit Kosten verbunden. Da der Betrieb seinen Hauptsitz in Mering hat, beriet Frau Dr. Eisele von der Handwerkskammer für Schwaben zu den Fördermöglichkeiten. Anders als bei Qualifizierungskursen gibt es für Qualifizierungsmaßnahmen im Betrieb derzeit noch kein einheitliches Regelinstrument – die finanzielle Förderung muss hier immer individuell abgestimmt werden. Dafür wandte sich Frau Dr. Eisele an den lokalen Arbeitgeberservice: „Bei uns funktioniert die Zusammenarbeit mit dem Arbeitgeberservice sehr gut. Der Betrieb bekommt jetzt für die Anpassungsqualifizierung einen Lohnkostenzuschuss, weil es sich um eine vom Betrieb unterstützte Qualifizierung handelt.“

 

/// Mit der Anpassungsqualifizierung Fachkräfte gewinnen

Die Möglichkeit, Frau Mamic im Rahmen einer Anpassungsqualifizierung einzustellen, war für den Betrieb und die Fachkraft eine Win-win-Situation. Laut Frau Axmann schätzen die Mitarbeitenden und Ausbildungsleitenden im Betrieb insbesondere das persönliche Engagement und den Ehrgeiz von Frau Mamic, die Qualifizierungsinhalte zu erlernen. Während das Verfahren Frau Mamic ermöglicht, in dem Betrieb nach Abschluss des Verfahrens als anerkannte Fachkraft langfristig beschäftigt zu werden sowie auch Fort- und Weiterbildungsmöglichkeiten wahrnehmen zu können, gewinnt der Betrieb eine qualifizierte und engagierte Mitarbeiterin. Auch das Zahntechniklabor betont die Vorteile einer betrieblichen Anpassungsqualifizierung: „Aufgrund des Fachkräftemangels ist dieses Verfahren eine Möglichkeit, Personal mit Vorkenntnissen Schritt für Schritt in den Arbeitsprozess zu integrieren. In der Regel besteht dabei großes Interesse, sich im erlernten Beruf weiterzubilden.“

Der Beitrag basiert auf Interviews, die das Projekt „Unternehmen Berufsanerkennung“, mit Frau Dana Axmann von der Dentallabor Gibisch GmbH sowie Frau Dr. Brigitte Eisele von der Handwerkskammer für Schwaben und Frau Marianne Steigenberger von der Handwerkskammer für München und Oberbayern geführt wurden.

 

– KONTAKT
Zentralstelle für die Weiterbildung im Handwerk e. V. (ZWH)
Sternwartstraße 27–29
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Telefon: +49 211 302009-0
Telefax: +49 211 302009-99
E-Mail: info@zwh.de

 

[1] Das Projekt MigraNet setzt sich seit 2005 für eine bessere Arbeitsmarktintegration von Menschen mit Migrationshintergrund in Bayern ein und baut dabei auf ein Netzwerk verschiedener Institutionen und Akteure.

[2] In Bayern kann die ZSEF als zentrale Ausländerbehörde den Prozess des beschleunigten Fachkräfteverfahrens koordinieren.