Implantologie – Die rechtlichen Voraussetzungen

Es ist heute kaum noch möglich als „selbständiger“ Arzt tätig zu werden. Die (zahn)ärztliche Tätigkeit ist durch die Zunahme an Regularien stark beschränkt worden. Missachtet man die Vorgaben, drohen juristisch begründete Sanktionen. Auch wenn es uns nicht passt – wir können nichts anderes tun als uns dem zu fügen, sonst erleiden wir Schiffbruch.

Redaktion

 

Welche Rechtsfolgen hätte man zu befürchten wenn man sich nicht an die Vorgaben hält? Hier wären zu nennen (ohne Anspruch auf Vollständigkeit oder Wichtigkeit)

  • Kassenrechtliche Strafmaßnahmen, wie Regresse und Disziplinarstrafen bis hin zum Entzug der Kassenzulassung oder gar der Approbation
  • Privatrechtliche Konsequenzen, wie Zahlung von Schmerzensgeld, Rückzahlung aller Honorare
  • Strafrechtliche Konsequenzen, wie Anklage (und ev. Verurteilung) wegen Körperverletzung, Betrugs, usw., mit der Folge von Untersagung der Berufstätigkeit, Freiheitsstrafen und Geldstrafen

Beispiel: kommt ein ermittelnder Staatsanwalt zur Auffassung, dass eine Praxis nicht nur unwirtschaftlich gearbeitet hat (Regress), sondern möglicherweise Abrechnungsbetrug beging (Falsch- und Doppelabrechnung) wird dies gnadenlos verfolgt und geahndet.

Anderes Beispiel: Ein Zahnarzt implantiert ohne ausreichende Fachkenntnis und etwas geht schief, so kann der Geschädigte leicht damit drohen, Strafanzeige zu stellen – es wird vor Gericht dann sehr schwierig sich herauszureden.

Beispiel 3: es hat keine umfassende Beratung stattgefunden – die folgende Behandlung würde juristisch als strafbare Körperverletzung verfolgt, da ohne wirksames Einverständnis des Patienten keine „unter die Haut“ gehende Behandlung stattfinden darf, wobei als weitere Bedingung noch zu beachten ist, dass eine solche Therapie nur von einem approbierten Arzt durchgeführt werden darf. Ganz schlimm wäre es, eine Änderung der abgesprochenen Therapie vorzunehmen, während der Patient in Narkose liegt. Nur bei sorgfältiger Abwägung von Vor- und Nachteil sowie einer sich daraus ergebenden hohen Wahrscheinlichkeit, dass der Patienten zugestimmt hätte, bleibt das straffrei.

 

/// Was ist besonders zu beachten?

Grundsätzlich muss ein ausreichender Kenntnisstand vorhanden sein, den man z.B. durch entsprechende Fortbildungszertifikate nachweisen kann. Dann sollte man so etwas schon mal gemacht haben (also muss man Erfahrungen nachweisen) – wenn nicht ist der Patient unbedingt darüber aufzuklären.

Weiterhin ist der (Zahn)Arzt kraft Gesetz zu einer „wissenschaftlich begründeten“ Arbeitsweise verpflichtet. Das bedeutet heute, dass die Kriterien einer EBM (evidence based medicine) anzuwenden sind. Das bedeutet, es dürfen nur Methoden angewendet werden, die wissenschaftlich abgesichert sind. Weicht man davon ab, z.B. weil ein Patient spezielle Wünsche hat, so wird man im Streitfall (da vergessen Patienten prinzipiell dass sie was besonderes gefordert haben) kaum einer Verurteilung entkommen können.

Prinzipiell kommt es also stets auf eine Beweisbarkeit an – und, nicht der Patient muss den „Kunstfehler“ nachweisen, sondern der Arzt muss nachweisen können, dass alles seine Ordnung hatte (Beweislastumkehr).

Dabei ist die Kenntnis und Befolgung der Richtlinien (ausgehandelt bzw. festgelegt von Krankenkassen und zahnärztlichen Spitzenverbänden sowie der Leitlinien (wissenschaftlich erarbeitet von der DGZMK) elementar. Ungünstig wäre es im Streitfall zu behaupten man habe sich an die Vorgaben gehalten, hat jedoch gar keine Kenntnis von den Inhalten.

Die Bürokratie und Verrechtlichung greift überall in der Gesellschaft hart zu – in der Medizin ist das jedoch besonders gravierend, weil Politik und Gesellschaft im Patienten ein besonders schutzwürdiges Wesen sehen, das in jedem Falle vor „geldgierigen, nur auf ihren eigenen Vorteil bedachten und gering qualifizierten Scharlatanen“ (so ein gerne gezeichnetes Bild unserer Ärzteschaft) bewahrt werden muss.

 

/// Umsetzung in die Praxis

Man kann sich kaum vorstellen dass es möglich sein soll ohne Hilfen all die Vorgaben korrekt zu erfüllen. Insbesondere haftet ja auch noch der Arzt für seine Mitarbeiter.

Deshalb ist es von enormem Vorteil sich durch ein entsprechend durchstrukturiertes Qualitätsmanagementsystem mit Therapieprotokollen, einem durchdachten Informationssystem (zur korrekten Aufklärung) und auch darin enthaltenen Vorgaben für die punktgenaue Fortbildung. In einem solchen System können alle Beweise für eine mögliche Auseinandersetzung strukturiert gesammelt und archiviert werden – da erspart man sich dann die Arbeit mit der Beschaffung von möglicherweise nicht aktuellen oder zutreffenden Beweismitteln.

Beispiel QM-Protokoll:

Implantologieplanung

Ziel der Arbeitsanweisung (AA):

Befund und Planung für Implantatpatienten

Geltungsbereich:

Gesamte Praxis

Verantwortlich für Inhalt, Inkraft- und Außerkraftsetzung der AA:

Praxisleitung

Inhalt:

Es werden sämtliche notwendigen Befunde, die als Planungsgrundlage für eine Implantatversorgung dienen, aufgeführt

Mitgeltende Unterlagen:

AA Dokumentation, AA Anamnese, Checkliste Aufnahmebogen

Aufzeichnungen im Zusammenhang mit der AA:

Dokumentation jedes Befunds sowie der Planungsdaten, Checkliste Befund Implantatversorgung, Checkliste Implantatversorgung Kontraindikationen, Checkliste Planung

Verteiler:

Praxisleitung, Mitarbeiter Stuhl, Mitarbeiter Rezeption, Mitarbeiter Labor

Befundung:

Es wird eine speziell sorgfältige Anamnese nach Checkliste durchgeführt, unter Einbeziehung der Checkliste „Implantatversorgung“.

Es werden alle relevanten Befunde erfasst, insbesondere werden Hygieneindizes, Klinischer Befund einschließlich PAR-Befund und Zahnstatus sowie eine gründliche Inspektion der gesamten Mundhöhle nach Checkliste durchgeführt. Es werden Röntgenaufnahmen angefertigt und nach Checkliste nach Befunden abgearbeitet. Weiterhin werden Schleimhautdicke und Alveolarkammbreite und –höhe gemessen sowie Abformungen genommen.

Nach Sammlung aller planungsrelevanten Daten wird eine Implantatplanung vorgenommen nach Checkliste „Planung Implantatversorgung“, die die Vorlage für die spätere Implantatationssitzung darstellt.

Dokumentation

Es werden alle o-a- Daten dokumentiert

Das Protokoll sollte zweckdienlich ergänzt werden durch Checklisten, Beispiel entnommen aus GH Praxismanager (Checkliste Kontraindikationen, Checkliste Abrechnung).

Man sollte insbesondere die Dokumentation nicht vergessen: auch hier können Checklisten bzw. gelistete Routinen wertvolle Hilfe leisten.

Teil des QM-Handbuchs sollte in jedem Falle sein

  • RiLis
  • Leitlinien

Der Bezug zu den Richtlinien zum Thema Implantatversorgung ist deshalb von Relevanz, weil in bestimmten Fällen auch GKV-Versicherte Anspruch auf Implantate haben – und, im Rahmen der ZE-Versorgung greifen die RiLis sowieso, da bei unserem befundorientierten Zuschusssystem auch Implantatträger zumindest unter Kostenbeteiligung der GKV versorgt werden.

Um möglichst komplikationsfrei den Bürokratie-Dschungel zu überwinden ist es also sinnvoll, die Bürokraten mit den eigenen Mitteln zu schlagen. Standardisierte Vorlagen, ergänzt und angepasst an die praxiseigenen Bedürfnisse, sind Mittel der Wahl, so die Erfahrung.

Denn, auch das zeigt die Erfahrung: kommt es zur juristischen Auseinandersetzung, ist der Anwalt nur bedingt hilfreich. Denn, erstens können Dokumentationsmängel nachträglich nicht abgestellt werden (das wäre Urkundenfälschung, etwas strafbares), zweitens wird ein Anwalt kaum die RiLis bzw. Leitlinien kennen, und drittens kann aus vorgenannten Gründen ein Anwalt nie besser sein als das, was er zur Verfügung gestellt bekommt – und hier ist eben der Zahnarzt gefragt, brauchbares Material zu liefern.

Ganz und gar hässlich ist es, wenn Planungsfehler vorliegen oder intra operationem Änderungen ohne weitere Aufklärung bzw. Einverständniseinholung vorgenommen werden – da hat der gegnerische Anwalt alle Möglichkeiten.

/// Fazit:

Nur bei eigener Bürokratie kann man die äußere Bürokratie, die der anderen, wirksam schlagen!