Korundstrahlen oder mit Flusssäure ätzen: Vorbehandlungsmethoden zur adhäsiven Befestigung dentaler Keramiken

 

 

In der prothetischen Zahnheilkunde spielt die Verwendung von Flusssäure (HF) beim Ätzen silikatbasierter Keramiken eine zentrale Rolle. Diese Methode ermöglicht die suffiziente Haftung von Kronen, Brücken und Veneers an der Zahnhartsubstanz, indem die glasartige SiO₂-Matrix selektiv aufgelöst wird. Das Ergebnis ist eine raue Oberfläche, die mikromechanische Retention schafft. Allerdings birgt der Einsatz von HF erhebliche Risiken. Unsachgemäße Handhabung kann zu schweren Verätzungen von Haut und Augen führen, was sowohl das zahnärztliche Personal als auch Patienten gefährdet. Aus diesem Grund gewinnen alternative Behandlungsverfahren wie das Korundstrahlen zunehmend an Bedeutung, da sie nicht toxisch sind (Illustration 1).

 

Illustration 1. Innenseite der Krone wird mit gelartiger Flusssäure geätzt, um den Verbund von silikatbasierten Keramiken an der Zahnhartsubstanz zu erhöhen. Die Verwendung erfordert höchste Sorgfalt.

 

Für Keramiken wie Zirkonoxid, die keine glasartige Phase aufweisen und eine hohe Kristallinität besitzen, ist das Ätzen mit Flusssäure nicht möglich. Stattdessen wird Zirkonoxid durch Strahlen mit Aluminiumoxidpartikeln (Al₂O₃) vorbehandelt, um eine mikromechanische Retention zu erzielen (Illustration 2).

Illustration 2. Innenseite der Krone wird mit Aluminioxidpulver abgestrahlt, um den Verbund an der Zahnhartsubstanz zu optimieren.

 

Die Effektivität dieser Methode hängt von Parametern wie der Partikelgröße, dem Druck, dem Abstand zwischen Strahldüse und Restaurationsoberfläche, und der Dauer der Anwendung ab. Ungünstige Einstellungen können jedoch zu Oberflächenschäden und Passungenauigkeiten führen. Neben der mechanischen Retention spielt die chemische Haftung eine wichtige Rolle. Universalprimer mit funktionellen Monomeren wie MDP fördern die Haftung an Zirkonoxid, während Silane die Bindung an silikatbasierten Keramiken unterstützen.

 

Eine Forschungsgruppe der LMU (Poliklinik für Zahnärztliche Prothetik, Werkstoffkunde) untersuchte die Möglichkeit, silikatbasierte Keramiken ohne Flusssäure-Ätzung allein durch Abstrahlen mit Aluminiumoxid in Kombination mit einem Universalprimer zu befestigen. Darüber hinaus wurden die Parameter des Korundstrahlens für Zirkonoxid evaluiert. Die Hypothese war, dass weder die Partikelgröße noch der Druck signifikanten Einfluss auf die Oberflächeneigenschaften haben und dass auch Materialzusammensetzung oder Alterung die Verbundfestigkeit nicht wesentlich beeinflussen würden.

In einer In-vitro-Untersuchung wurden drei verschiedene CAD/CAM-Keramiken analysiert: Feldspat-Keramik, Lithiumsilikat-Keramik und Zirkonoxid. Aus den Keramikblöcken wurden standardisierte Substrate gefertigt, die nach den Herstellerangaben kristallisiert bzw. gesintert wurden. Nach dem Polieren erfolgte eine Einteilung in verschiedene Vorbehandlungsgruppen, wobei die Substrate mit Aluminiumoxid in variierenden Partikelgrößen (25 µm oder 50 µm) und Strahldrücken (0,05 MPa oder 0,1 MPa) vorbehandelt wurden. Eine Kontrollgruppe wurde mit 9 %-er Flusssäure geätzt. Vor der Verklebung mit einem dualhärtenden Komposit wurden die Oberflächen mit einem Universalprimer vorbehandelt. Zur Nachahmung klinischer Bedingungen wurde ein Teil der Prüfkörper thermozyklisch gealtert, bevor die Haftzugfestigkeit getestet und die Bruchbilder mikroskopisch ausgewertet wurden.

Zirkonoxid erreichte höhere Verbundfestigkeiten als Feldspat- und Lithiumsilikat-Keramiken. Während die Flusssäureätzung initial die höchsten Verbundfestigkeitswerte erbrachte, zeigte sich nach künstlicher Alterung ein Rückgang der Verbundfestigkeit. Beim Korundstrahlen konnte hingegen durch die Verwendung von 50 µm Aluminiumoxidpartikeln die Verbundfestigkeit bei Zirkonoxid unabhängig vom angewandten Druck gesteigert werden.

 

/// Zusammenfassung

Die Untersuchung legt nahe, dass das Korundstrahlen mit Partikelgrößen von 25 bis 50 µm und einem Druck von 0,1 MPa eine wirksame Vorbehandlungsmethode für silikatbasierte Keramiken darstellt und das gesundheitsgefährdende Ätzen mit Flusssäure ersetzen könnte. Dennoch traten bei Feldspat-Keramiken nach Korundstrahlen vermehrt kohäsive Brüche auf, was auf mögliche Mikrorisse und eine strukturelle Schwächung hindeutet. Um abschließende klinische Empfehlungen geben zu können, wären weitere Studien, insbesondere zur Biegefestigkeit nach Korundstrahlen, notwendig. Für Zirkonoxid bleibt die Behandlung mit 50 µm Aluminiumoxidpartikeln unabhängig vom Druck eine bewährte Methode, die eine zuverlässige Haftung gewährleistet [1].

 

Dieser Artikel erscheint in Kooperation mit dentale Kommunikation Weisser [Internetkugel] www.dental-weisser.de  

 

  1. Lankes, V.; Coldea, A.; Meinen, J.; Schwendicke, F.; Stawarczyk, B., Airborne-Particle Abrasion vs. Hydrofluoric Acid Etching of Dental Ceramics: Impact on the Tensile Bond Strength. Materials 2024, 17, (23), 5758.