Notfallkoffer für Praxisinhaber

Notfallkoffer; Bild: iStock-Fotografie-ID:477739594

Handlungsfähigkeit erhalten: Notfallkoffer für Praxisinhaber

Es bestehen vielfältige Risiken für Praxisinhaber und Unternehmer durch Krankheit, Unfall oder Tod. Das führt zu erheblichen Fortführungsbedenken. Ein Risiko-Management-System in Form eines Notfallkoffers bietet mit relativ wenig Aufwand in der Praxis eine wertvolle Unterstützung.

Dr. Stefanie Thomas

Die typische Konstellation in deutschen Familienunternehmen ist das Zusammenfallen von Gesellschafter und Geschäftsführer – der Eigentümer des Unternehmens ist üblicherweise auch der Geschäftsführer. Damit sind die operative und die gesellschaftsrechtliche Ebene vollständig miteinander verbunden. Das kann zwar zu Erleichterungen führen, weil Entscheidungen keinerlei Abstimmungsprozessen unterliegen. Aber gleichermaßen groß sind auch die Risiken, denn der Ausfall des Unternehmers durch Krankheit, Unfall oder Tod betrifft immer sofort beide Bereiche.

Das führt zu erheblichen Fortführungsbedenken: Denn es bestehen bei jeder Art von Unternehmen – ob Personen- oder Kapitalgesellschaft – rechtliche Vorschriften, die dringend erfüllt werden müssen, sollen sie weiter existieren. Dazu zählen beispielsweise unternehmerisch existenzielle Tätigkeiten wie die ordnungsgemäße Buchführung und Bilanzierung, die rechtzeitige Aufstellung des Jahresabschlusses und die Erfüllung aller Pflichten gegenüber dem jeweiligen Sozialversicherungsträger. Ist die ordnungsgemäße Geschäftsführung nicht sichergestellt, kann das Gericht eine Notgeschäftsführung anordnen, um die Handlungsfähigkeit einer Gesellschaft zu wahren. Damit werden die Möglichkeiten der Familie des Geschäftsführer-Gesellschafters, auf das Unternehmen Einfluss zu nehmen, wesentlich beschnitten.

Und natürlich stellen sich entsprechende Fragen zur Unternehmens- bzw. Praxisnachfolge. Denn mit dem Ausscheiden des Gesellschafters von Todes wegen müssen die Anteile als Vermögenswerte weitergegeben werden – aber liegen sie dann im Zuge der plötzlichen Nachfolge überhaupt in den richtigen Händen? Erben vielleicht durch die gesetzliche Erbfolge minderjährige Kinder, sodass die Anteile weiter zersplittert und gar keine Gesellschafterrechte und -pflichten wahrgenommen werden können?

Diese Problematiken werden indes gerne verdrängt. Umso tragischer ist es dann, wenn die Unternehmensnachfolge durch Tod und Krankheit erfolgt – ohne jede entsprechende Vorplanung. Daher gehört für Unternehmer das „Packen“ des so genannten „Notfallkoffers“ zu den wesentlichen Aufgaben. Er kann helfen, solche Situationen in den Griff zu bekommen. Wichtig: Es gibt dabei nicht „den“ allgemeinen und richtigen Notfallkoffer, der für jedes Unternehmen passt. Der Notfallkoffer muss vielmehr bedarfsgerecht vorbereitet werden und stets aktuell sein. Dies kann helfen, solche Situationen in den Griff zu bekommen.

In dem Notfallkoffer hinterlegt der Praxisinhaber/Geschäftsführer-Gesellschafter typischerweise Handlungsanweisungen für den Umgang mit der Praxis/dem Unternehmen, sammelt alle notwendigen Unterlagen (Vollmachten, Versicherungen, Verträge etc.), stellt physische und digitale Zugangsmöglichkeiten und eine Liste mit Kontakten zur Verfügung, zu der die wesentlichen Berater und Partner gehören, die in einer Notsituation verschiedene Aufgaben übernehmen und die Familie unterstützen können.

Dazu zählen natürlich vor allem Rechtsanwalt und Steuerberater/Wirtschaftsprüfer und gegebenenfalls beispielsweise auch die spezialisierte Unternehmensberatung, die interimistische Managementaufgaben übernehmen und auch einen angestellten Dauergeschäftsführer finden kann.

Ebenso sollte das Testament Teil des Notfallkoffers sein, um die gewünschte Art und Weise der Unternehmensnachfolge sicherzustellen. Denn ohne testamentarische Vorsorge sind neben einem etwaigen Ehegatten ausschließlich die leiblichen (oder angenommenen) Kinder erbberechtigt. Unternehmer sollten sich daher fragen, ob dies die ideale Gestaltung darstellt oder andere Formen gefunden werden müssen, um das Unternehmen und das damit verbundene Vermögen im Todesfall weiterzugeben. Die gesetzliche Erbfolge ist beispielsweise bei minderjährigen Kindern nicht immer ideal.

Ein Risiko-Management-System in Form eines Notfallkoffers bietet damit mit relativ wenig Aufwand in der Praxis eine wertvolle Unterstützung gerade für diese erste Phase nach einem schwerwiegenden Ereignis. Er bündelt die wesentlichen Dokumente und Maßnahmen für den Fall der Fälle und muss als Maßnahme im umfassenden Risikomanagement bedarfsgerecht vorbereitet werden und stets aktuell sein, um die Handlungsfähigkeit der Familie und die Fortführung von Unternehmen und Vermögen sicherzustellen.

– AUTORIN

Dr. Stefanie Thomas
Rechtsanwältin, Fachanwältin für Steuerrecht

 

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