Projekt „Eigene Praxis“ – Was ist zu tun?

Worauf es bei der Gründung einer eigenen Praxis ankommt, erklärt Stefan Seyler, Leiter der apoBank-Filialen in der Region München.

 

 

Herr Seyler, der Trend zur Anstellung zeigt sich auch bei Zahnmedizinern, ist die eigene Praxis noch attraktiv?

Eindeutig ja! Es gibt viele gute Gründe für die Selbständigkeit, dazu gehören zum Beispiel viel Freiraum bei der Gestaltung des beruflichen Umfelds, mehr Flexibilität bei den Arbeitszeiten oder aber ein vielseitiges Aufgabenspektrum, auch als Arbeitgeber. Und schließlich ist auch die wirtschaftliche Perspektive der Niedergelassenen deutlich attraktiver als die der Angestellten.

 

Wenn die Entscheidung für die Selbständigkeit gefallen ist, was ist zu tun? Gibt es dafür ein Erfolgsrezept?

Eine gute Vorbereitung ist das A und O. Jeder Zahnärztin oder Zahnarzt ist anders, deshalb sieht auch jede Praxisgründung anders aus. Standardantworten gibt es nicht, nur individuelle Lösungen. Umso wichtiger ist es, dass sich jede Gründerin oder Gründer umfassend informiert und sich die richtigen Experten und Berater mit ins Boot holt. Zur festen Mannschaft sollten neben dem Niederlassungsberater der zuständigen Kassenärztlichen Vereinigung auf jeden Fall ein Steuer- und ein Bankberater gehören und bei Vertragsfragen auch ein Rechtsanwalt. Als führende Bank im Gesundheitswesen verfügen wir über ein qualifiziertes Netzwerk an Experten aus verschiedenen Fachgebieten, die sich rund um die Existenzgründung bei Zahnärzten spezialisiert haben.

 

Wie sieht aber eine gründliche Vorbereitung aus? Welche Überlegungen sind nötig?

Es gibt eine ganze Reihe an grundsätzlichen Fragen, die man für sich beantworten muss: Möchte ich allein oder mit anderen gründen? Eine Praxis neu aufbauen oder übernehmen? In der Stadt oder auf dem Land arbeiten? Ein breit gefächertes Leistungsspektrum oder eher bestimmte Spezialisierung anbieten? Und wie kriege ich überhaupt die Finanzierung hin? Aus den Antworten kristallisiert sich allmählich eine erste Vorstellung heraus, die immer weiter verfeinert werden muss. Am Ende sollte ein betriebswirtschaftliches Praxisgründungskonzept stehen, das die Basis für eine erfolgreiche Praxisführung darstellt. Da geht es aber auch schon um detaillierte Aspekte, wie konkrete Standortwahl, Praxis- und Personalkosten oder Zahl der Patienten. Ebenso die Vorstellungen zu den privaten Ausgaben und der Lebenshaltung sollten in das Konzept mit einfließen.

 

Was benötigt ein Existenzgründer, um ein Gespräch über die Finanzierung einer Praxis zu führen?

Wenn er zu apoBank kommt, sollte er schon eine Idee davon haben, wie er künftig leben und arbeiten möchte, er benötigt allerdings noch keinen vorgefertigten Businessplan. Den erstellen wir mit ihm gemeinsam, in einem persönlichen Gespräch, mit Hilfe eines Investitions- und Kostenberatungsprogramms, das speziell für Heilberufler entwickelt wurde. So können wir zusammen mit dem Existenzgründer die geplanten Investitionen und Kosten im Praxis- und Privatbereich prüfen und ermitteln, welche Mindesteinnahmen nötig sind. Dabei schauen wir uns aber nicht nur die gegenwärtige Situation an, sondern gehen auch auf die langfristigen Wünsche und Ziele des Kunden ein und berücksichtigen diese gegebenenfalls schon bei der Finanzierung der Existenzgründung.

 

Die apoBank analysiert jährlich die Existenzgründungen unter den Zahnärzten – wie sieht der Markt aus?

Bereits seit 1984 untersuchen wir jährlich gemeinsam mit dem Institut der Deutschen Zahnärzte (IDZ) die Praxisgründungs-Finanzierungen der apoBank. Die Analysen liefern jeweils eine Momentaufnahme, wie die nachrückende Zahnärztegeneration in Deutschland gründet. So sehen wie beispielsweise, dass es zwar einen Trend zu Kooperationen gibt, doch die Einzelpraxis nach wie vor bei Zahnärzten am beliebtesten ist: Laut der letzten Auswertung für 2015 entschieden sich 65 Prozent der Existenzgründer für die Übernahme einer bestehenden Praxis, um sich daraus in einer Einzelpraxis niederzulassen. 7 Prozent gründeten eine neue Praxis allein, während die restlichen 28 Prozent eine Kooperation in Form einer Berufsausübungsgemeinschaft wählten. Aus den Analysen sehen wir auch, dass die meisten Zahnärzte sich im Alter zwischen 31 und 40 Jahren für die eigene Praxis entscheiden. Das Durchschnittsalter der Zahnärzte bei der Existenzgründung 2015 betrug 35,7 Jahre.

 

Welche Investitionen sind nötig, um eine eigene Zahnarztpraxis zu gründen?

Die Analyse der zahnärztlichen Existenzgründungen in 2015 zeigt, wer sich als Zahnarzt niedergelassen hat und dafür eine bestehende Praxis als Einzelpraxis übernahm, zahlte im Durchschnitt 172.000 Euro. Doch die Diskrepanz zwischen den niedrigsten und den höchsten Kaufpreisen ist sehr hoch. Die meisten Zahnärzte (41 Prozent), die sich 2015 in einer Einzelpraxis niederließen, zahlten einen Kaufpreis zwischen 51.000 Euro und 150.000 Euro. Der Übernahmepreis ist komplex und setzt sich zusammen aus dem materiellen Wert, wie etwa der Praxisausstattung und Einrichtung, und dem ideellen Wert, der unter anderem die aktuelle wirtschaftliche Situation und das zukünftige Potential der Praxis berücksichtigt. Es sind also mehrere Faktoren, die letztlich zu den starken Preisunterschieden führen. Der Kaufpreis macht im Schnitt knapp zwei Drittel der gesamten Praxisinvestitionen aus. In der Regel kommen noch weitere Ausgaben hinzu, beispielsweise für Modernisierung, Umbaumaßnahmen oder für neue Medizintechnik.

 

Wie riskant ist es also am Ende, eine Praxisgründung finanzieren zu lassen?

Natürlich müssen alle Investitionen gut durchdacht und durchgeführt werden. Und die Erfahrung zeigt: Hohe Investitionen sind nicht zwingend mit einem hohen Risiko gleichzusetzen. Entscheidend für den langfristigen Erfolg ist vielmehr, ob das Vorhaben wirtschaftlich auf solidem Fundament steht – und das können wir gemeinsam mit dem angehenden Praxisinhaber durchrechnen. Insgesamt gilt: Je genauer die Planung, desto kleiner das Risiko, das ohnehin laut unseren Zahlen sehr gering ist: 998 von 1.000 Finanzierungen können problemlos bedient werden. Aber auch wenn man die niedergelassenen Zahnärzte selbst befragt, ob sie in ihrer eigenen Praxis zufrieden sind, zeigt sich schnell, dass sich anfängliche Bedenken während der Gründung aufgelöst oder doch zumindest relativiert haben. Mehr als 90 Prozent der Selbständigen würden es wieder tun – eine beeindruckende Zahl und auch ein Anreiz für die junge Generation, es den Älteren gleich zu tun. Der Erfolg hängt vor allem von einer guten, vorausschauenden Planung und den richtigen Beratern ab.

 

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