Rechtliches rund ums „Weihnachtsgeld“

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Wie jedes Jahr, freut sich eine Mehrzahl der deutschen Arbeitnehmerschaft auf das so genannte „Weihnachtsgeld“.

Michael Henn

 

Ob es nun tatsächlich welches gibt ist allerdings oftmals nicht in das „einseitige Ermessen“ des Arbeitgebers gestellt.

 

Vielmehr sind bei derartigen Ansinnen die bestehenden Tarifverträge, etwaige Betriebsvereinbarungen, die Bedingungen des einzelnen Arbeitsvertrages oder auch vorherige Zusagen des Arbeitgebers bei der Beurteilung der Rechtslage zu beachten. Selbst wenn die vorstehenden Kriterien nicht erfüllt seien, könne ein Anspruch auf Zahlung des Weihnachtsgeldes immer noch aus einer so genannten „betrieblichen Übung“ bestehen oder sich aus „arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsätzen“ ergeben. Soweit der Anspruch auf das Weihnachtsgeld im Arbeitsvertrag geregelt sei, habe der Arbeitgeber grundsätzlich nicht die Möglichkeit, dies einseitig zu ändern. Er könne allenfalls versuchen, mit dem Arbeitnehmer eine einvernehmliche Regelung über eine Änderung zu treffen.

 

Soweit eine einvernehmliche Änderung nicht möglich sei, könnte der Arbeitgeber zwar versuchen, die Änderung der vertraglichen Regelung durch eine so genannte „Änderungskündigung“ herbeizuführen. Die praktischen Schwierigkeiten und die juristischen Hindernisse bei einer solchen Änderungskündigung seien jedoch so hoch, dass dieser Weg in der Praxis kaum Aussicht auf Erfolg habe. Ähnliches gelte auch bei Bestehen von Betriebsvereinbarungen. Auch diese müssten zunächst durch den Arbeitgeber gekündigt werden, wobei dieser entsprechende „Auslauffristen“ zu beachten habe.

 

Günstiger sehe die Rechtslage für den Arbeitgeber allerdings aus, wenn der Arbeitsvertrag oder die Betriebsvereinbarung einen „Freiwilligkeitsvorbehalt“ enthalte. Derartige Freiwilligkeitsvorbehalte seien juristisch zulässig und würden dem Arbeitgeber jedes Jahr die Möglichkeit offen lassen, ob er ein Weihnachtsgeld zahlt. Ein derartiger Freiwilligkeitsvorbehalt müsse jedoch klar und deutlich formuliert sein und dürfe später nicht abgeändert worden sein. Die Anforderungen der Rechtsprechung an einen wirksamen Freiwilligkeitsvorbehalt seien inzwischen aber sehr hoch. Auch sei es dem Arbeitgeber nicht möglich, bestimmte Gruppen von Arbeitnehmern unterschiedlich zu behandeln, wenn hierfür kein sachlich gerechtfertigter Grund bestehe.

 

Selbst wenn keine ausdrücklichen Regelungen bestünden, könne für den Arbeitnehmer gleichwohl ein (Rechts-)Anspruch auf Zahlung des Weihnachtsgeldes bestehen und zwar dann, wenn er in den letzten drei Jahren jeweils ein Weihnachtsgeld erhalten habe und der Arbeitgeber bei der Zahlung nicht ausdrücklich darauf hingewiesen habe, dass es sich um eine „freiwillige Leistung ohne jeden Rechtsanspruch“ handle.

 

Vor diesem Hintergrund sollten Arbeitgeber sich vor einer Streichung oder Kürzung des Weihnachtsgeldes unbedingt zur Vermeidung juristischer Auseinandersetzungen über die Rechtslage informieren, während Arbeitnehmern nur angeraten werden könne, etwaige Streichungen oder Kürzungen des Weihnachtsgeldes ebenfalls von einem Fachmann für Arbeitsrecht überprüfen zu lassen.

 

– AUTOR
Michael Henn
Rechtsanwalt, Fachanwalt für Arbeitsrecht sowie für Erbrecht

 

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